Der Sterbeschlamassel von Anette Kannenberg Rezension

kannenberg Sterbeschlamassel[Rezension] Anette Kannenberg Der Sterbeschlamassel oder „Pendelwut und Hirn-Gespenst“

Frisch geschlüpft: Mit Der Sterbeschlamassel geht Anette Kannenbergs Dododilemma-Trilogie nach Das Mondmalheur endlich in die zweite Runde. Ein Must-have für mich, hatte sich der erste Teil doch still und heimlich in meine #Favorites geschummelt. Dem Cover nach zu urteilen sieht es auch diesmal für den Dodo nicht gut aus.

Da Der Sterbeschlamassel unmittelbar an den Ereignissen aus Das Mondmalheur anknüpft und sie vollständig aufklärt, empfehle ich euch (dringend!), zuerst Band 1 zu lesen. Hier geht´s zu meiner Rezension: Das Mondmalheur. Echt jetzt.

Drei Monate nach dem Mondmalheur

02/08/2063 – Gerüchte über den Weltuntergang oder ein neues Mondmalheur lösen weltweite Massenpanik aus. Die Terroristen Doktor Murray O´Connor und Konrad Wichgreve werden gesucht. Die Welt scheint mehr Sonderkommissionen als nützliche Psychologen zu haben; sie dreht nach und nach durch.

Im Sterbeschlamassel sind die Esoteriker los!

„Ich muss endlich mal das tun, was ich wirklich will, und nicht das, was andere von mir erwarten.“
Séamus hat keine Lust aufs Medizinstudium. Er weiß: Seine Berufung ist, andere zu unterhalten. Er will schreiben, am liebsten was mit Zombies. Gemeinsam mit dem mutierten Gummibaum seines Vaters und neuerdings seiner Mutter lebt er in einer kleinen Wohnung. Der Enge entfliehend beschließt er, ins vormalheurliche Anwesen seiner Großeltern zu ziehen: Wo lässt es sich als angehender Schriftsteller besser schreiben, als in einem waschechten Gruselhaus? Sein Opa ist nämlich auf Seniorenkreuzfahrt – und bekanntlich ist davon noch niemand zurückgekehrt.

Als Nachkomme der ersten wiederbelebten Dododame Doris ist der kleine weiße Dodo im Zoo eine Rarität. Von seiner Familie verstoßen wird er ohne seine Nanny, die tierflüsternde Ferienjobberin Liz, wohl nicht überleben. Bald sind die Ferien vorbei und Liz kann nicht ewig im Zoo bleiben. Als angehende Archäologin zieht es sie in die Ferne: Nach Süd- und Mittelamerika, am besten per Zeitmaschine, noch lieber mit Dodo. Gnäk. Die Geheimnisse längst vergangener Zeiten zu lüften, das ist ihr Ziel – und das übt sie im Kleinen zuhause mit Pendel und Brett.

Wie jeden Morgen seit ihrer Pensionierung vor zwanzig Jahren, sitzt Margaret MacLeod in Mulligans Café, als der Himmel sich plötzlich verdunkelt. Schnell läuft sie zur Arbeit im Transithaus, dem Büro für interirdische Kommunikation, von der niemand weiß, wie genau sie funktioniert. Früher war sie Geheimagentin, heute offiziell Wächterin des kränkelnden Lebensbaumes, und nimmt ihre Aufgabe sehr ernst. Doch wie soll sie ihn schützen, wenn sie nicht weiß, wie er funktioniert? Gemeinsam mit ihrem Ex-Partner, jetzt Kuchenbäcker Mulligan beschließt sie, das streng gehütete Geheimnis der interirdischen Kommunikation zu knacken.

„Séamus keuchte. Marder, Fassung und Stimme suchten gemeinsam das Weite, er sah allen dreien mit pochendem Herzen nach, konnte jedoch schon Sekundenbruchteile später keine Spur mehr von auch nur einem von ihnen entdecken. „Himmel“, flüsterte er.“ S. 55

Pendelwut und Hirn-Gespenst

Liz befragt gern ihr Tarot-Deck bezüglich ihrer Zukunft. Mit Räucherstäbchen und pendelnd tanzt sie durch die Welt: Liz´ Leben ist ein Potpurri der guten Laune! Doch dann legt sie die Karten für Séamus, und findet allerhand düstere Gestalten auf den Blättern vor.
Hasenfuß Séamus unterdessen plant eine Halloween-Party und zieht damit eine Reihe ungebetener Gäste an: Wer ist die bleiche Frau im Nachthemd, die regelmäßig seinen Garten heimsucht?
Nicht nur Wächterin Margaret untersucht die Wurzeln der interirdischen Kommunikation des Lebensbaumes. Im Jenseits suchen altbekannte Wissenschaftler einen Fluchtweg ins Diesseits und müssen dabei ganz neue spirituelle Pfade betreten.

„Vielleicht sollten wir Kristalle besorgen, um das Qi zu verstärken. Möglicherweise hat ihr Astralkörper ja auch irgendwo ein Leck, und die Energie tröpfelt woanders raus“, mutmaßte Cardaigh.
Murray war nicht klar, ob er ihn damit beleidigen wollte, also schwieg er und pendelte weiter. Wenn dieser Trottel Kontakt zu seiner Amélie hatte aufnehmen können, sollte es doch wohl auch einem Genie wie ihm gelingen, ins Diesseits durchzudringen.“ S. 86

IMG_0823Auch Der Sterbeschlamassel entführt uns in zwei Welten: Die futuristische Welt, nur drei Monate nach dem Mondmalheur, besticht durch detailverliebte Zukunftsvisionen wie schwebende Autos, iNeedit-Implantate oder Reporter-Drohnen. Das Leben nach dem Tod ersetzt die Mondszenerie und ist völlig verrückt. Das Jenseits ist Schauplatz turbulenter Vorgänge altbekannter Freunde, natürlich erneut mit Auswirkungen aufs Diesseits; sie können es einfach nicht sein lassen!

Esoterik ist das, was die Physik noch nicht erklären kann. – Für Wissenschaftler eine schockierende Erkenntnis, doch brauchbar, wenn man gestandet in der falschen Welt hängt. Wieso nicht offen sein für Neues?

Jenseits des Diesseits ist ein Solchseits

„Liz war ein nettes, aber völlig durchgeknalltes Persönchen, und bis er so hysterisch würde, dass er dieses Esoterikgerede ernst nahm, müsste schon etwas anderes passieren, als dass jemand an die Tür klopfte.
Mit einem Mal erlosch das Licht.
Das war etwas anderes.“ S. 68

Wieso nicht offen sein für Neues? Der Sterbeschlamassel ist ein urkomischer und wahnwitziger Roman ohne Genrezugehörigkeit. Dabei streift er wie zufällig verschiedene wissenschaftliche Themen, die in ihrer Konstellation abenteuerlich und wie aus dem Lostopf gegriffen scheinen. Während Das Mondmalheur im weitesten Sinne als Science Fiction durchgegangen wäre, stecken wir hier in einem esoterischen Abenteuer zwischen Dies- und Jenseits mit wechselnden Seiten. Abseits der Séancen wird gependelt, mit Räucherstäbchen gewedelt und hinterm Sofa versteckt, bis der Roman uns schließlich innerhalb weniger Seiten verständlich die Grundlagen der Teilchenphysik erklärt. Don´t Panic! Es funktioniert!

Mit Leichtigkeit versteht Frau Kannenberg es, den konfusen Charakteren, desinteressierten Dodos, aufdringlichen Drohnen und eigenbrödlerischen Gegenständen Leben einzuhauchen. Dabei schreibt sie nicht für eine Zielgruppe, sondern wie es ihr gerade passt: Drollige Dodos in kühlem Science-Fiction-Ambiente, mysteriöse und geisterhafte Gestalten, physikalische Zusammenhänge, verpackt in einem lässig-skurrilen Ton. Dem bekannten Douglas-Adams-Stil treu bleibend, diesmal etwas bissiger statt verträumt, entwickelt sich so ein Roman mit Dauergrinsgarantie.

Mit 310 Seiten ist Der Sterbeschlamassel deutlich kürzer als Das Mondmalheur. Es liest sich aber knackiger und ist eher noch skurriler. Als zweiter Band einer Trilogie lässt er sich keinen Durchhänger anmerken; beide Romane sind stark, haben unterm Strich aber den gleichen Makel: Keine nervenzerreißende Spannung – hier wird nicht gezittert, es wird gestaunt! Und zu wenig Dodos… umso mehr freue ich mich auf den finalen Band Das Dododilemma.

Stern4

(Lest doch bitte noch den Amazon-Klappentext in der Info-Box unten.)

 

Vielen Dank an Anette Kannenberg fürs Reziexemplar. Ich bin fast umgekippt! :)


[Übersicht] Anette Kannenberg : Das Dododilemma – Trilogie

  1. Das Mondmalheur
  2. Der Sterbeschlamassel
  3. Das Dododilemma (erscheint spätestens 2017)

Der Sterbeschlamassel Book Cover Der Sterbeschlamassel
Dododilemma 2
Anette Kannenberg
Esoterik-Physik-Abenteuer
CreateSpace Independent Publishing Platform
31.03.2016
eBook
310

Knapp drei Monate nach dem Tod seines Vaters beschließt der junge Séamus, das Medizinstudium hinzuschmeißen, um Schriftsteller zu werden. Er zieht aufs Land in das verlassene Haus seiner Großeltern, wo er, abgeschnitten von der Außenwelt und mutterseelenallein mit sich und dem gespenstischen Charme der alten Villa, schnell Opfer seiner eigenen Fantasie wird. Doch schon bald sind es nicht mehr nur Hirngespinste, die ihn begeistert zu verfolgen scheinen.

Was wie der recht abgenutzte Beginn eines klassischen Horrorfilms klingt, entwickelt sich rasant zu einer abgefahrenen Geschichte über Geister, Energien, Dämonen und das Leben nach dem Tod. Der Sterbeschlamassel verbindet dabei auf groteske Art und Weise physikalische Spinnereien mit nicht weniger absurden esoterisch-philosophischen Ansätzen und bleibt dabei immer an der Grenze zum Vorstellbaren. Ganz im Stil seines Vorgängers, dem Mondmalheur, sind die kurzen Ausflüge in die Science Fiction eher Mittel zum Zweck als pure Absicht, so dass Raumschiffgelangweilte und Alienverweigerer genau so viel Spaß an der Geschichte haben werden wie andere Verrückte, die offensichtlich nichts dazugelernt haben und sich stattdessen auf das schon zweite Abenteuer des Dododilemmas einlassen.

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