[Rezension] The Rising 1 Neue Hoffnung von Felix A. Münter

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Tolles Cover, dachte ich, als ich durch Readfy stöberte. Gleich mal auf die Liste pinnen. – Ich könnte es auch kurz anlesen… Drei Stunden später holte ich mir den ersten Kaffee des Tages, den hatte ich kalt unter der Maschine vergessen – und der nächste Tag war völlig verplant, darum stellte ich mir den Wecker auf 6.30 Uhr sonntags um weiterzulesen… Diese Art Buch ist „The Rising“. Nun aber zum Inhalt.

Gejagte Jäger in postapokalyptischer Einöde

Eine Karawane bahnt sich den Weg durch die Trümmer der postapokalyptischen Welt. Verdächtig stümperhaft bewacht ist sie, denkt Anführer Eris und wittert seine Chance. Gemeinsam mit seiner Truppe lauert er in den Ruinen der alten Welt: Für sie hängt das Überleben von zufälligen Gelegenheiten und genutzten Chancen ab, von spontanen Entscheidungen, von Karawanenüberfällen und lukrativen Aufträgen.

Thomas hatte einen beschissenen Tag: Soeben wurde er von Eris überfallen. Er hatte sich verschätzt: Als Händler hätte er Wachen statt Freunde mit seinem Schutz betrauen sollen. Nun waren die Datenspeicher, sein wertvollster Transportgegenstand, fort. Medikamente fanden Eris und sein Trupp bei Thomas, doch auch weit Wertvolleres. Jetzt muss er nur noch herausfinden, wieso wegen etwas Elektroschrotts plötzlich die Hölle losbrach.

Denn als sie Thomas erneut fanden, war es zu spät. „Station…“, sagte er noch, bevor er starb. Damit beginnt die Suche nach Informationen, die weit mehr wert sind als Leben. Plötzlich sind die Jäger auf der Flucht, und man ist ihnen längst auf den Fersen.

Unter den bösen Jungs einer der Guten

Eris ist der Anführer des Söldnertrupps, ein erfahrener Haudegen. Perry, der alte Arzt, ist schon viel zu lang dabei. Er sehnt sich nach einem ruhigeren Leben – in seiner Gruppe aber ist er als Mediziner in dieser rauhen Welt unersetzlich. Der junge Tylor steht unter seinem Schutz. Die Gruppe nahm ihm nach dem Tod seiner Mutter bei sich auf. Neugierig und wissbegierig über die Zeit DAVOR ist er – und clever. Aus ihm könnte mal ein guter Söldner werden, aber das hat man in dieser Welt schon von vielen behauptet. Sal ist die einzige Frau des Trupp. Sie ist Scharfschützin, Spurenleserin, Gespielin und mehr. Man muss sich mit dem Leben arrangieren, denn soviel gibt es in dieser Welt nicht davon.

Besonders macht diesen Haufen ganz unterschiedlicher Charaktere der ihnen selbst auferlegte Ehrenkodex: Keine Toten, wenn nicht nötig. Kein Blutvergießen, wenn möglich. Unter den bösen Jungs ist Eris´ Truppe eine der Guten. Sie sind Diebe mit einem Rest von Anstand.

Die Welt DAVOR und DANACH

„Es gibt kein Glück in dieser Welt“, murmelte Perry, als er sich lustlos in die Schutzweste zwängte. (…)
„Dann müssen wir uns eben auf unser Können verlassen.“

Die Welt liegt in Trümmern. In einer fiktiven Zukunft ist die Welt, wie wir sie kennen, gescheitert: In typischer Endzeit-Atmophäre  voller Autowracks, entgleister Zugwaggons und Ruinen gibt es kaum funktionierende Technik. Es ist keine friedliche Welt, in der Eris und seine Truppe ums Überleben kämpfen. – Es ist eine Welt voller Gewalt. Eine Welt, in der jeder auf seinen Vorteil bedacht ist, aus purem Selbsterhaltungstrieb.

Niemand weiß, was die Welt zerstörte. Darum unterscheiden die Menschen schlicht zwischen die Welt DAVOR und DANACH; wovor oder wonach auch immer. Erst dachte ich, Felix Münter habe hier die einfachste Art gewählt: eine klassische, wenn auch begrünte Endzeitwelt; tatsächlich aber betont aber die klassische Ödland-Struktur die komplexen und innovativen Hierarchien der Siedlungen umso mehr. Keine Siedlung ist wie die Nächste, wo man auch hinsieht: Es gibt eine Menge Neues (und nie zuvor gelesenes) zu entdecken! Ja, das Ödland ist das Alte: rauh und grausam. Wie aber die Menschen sich mit ihrem Schicksal arrangieren, ist ein Kulturschock sondergleichen. Allein Yard birgt so viel Potenzial!

Gelegentlich verfügt ein Dorf über Strom, in manchen Orten fahren wenige Autos, die repariert werden konnten. Aber einen funktionierenden Computer hat niemand von ihnen DANACH gesehen. Denn um ihn zu bedienen, muss man lesen können. Aber Lesen lernen benötigt Zeit, die die Generation DANACH nicht hat: Sie müssen überleben. Und so geht das Wissen verloren: Das Wissen, wie man Technik repariert, wie man heilt und sich organisiert; mit ihm verlor die Menschheit alle Hoffnung. Was aber, wenn alte Speicher verwahren, was längst verloren schien? The Rising ist ein Roman über diesen kleinen Funken Hoffnung, der sich ins Gemüt der bereits gescheiterten Welt setzt.

Ödland-Philosophie

Besonders gut gefallen hat mir die allgegenwärtige Ödlandphilosophie: In Gesprächen mit Perry, Tylor und François (alt+c…yay!) erfährt man eine Menge über die Welt DAVOR, die unserer nicht unähnlich scheint. Dabei besitzen die Charaktere genug Hirn, auch tiefgreifende Themen nicht zu scheuen: Es geht um die Angst vor Neuem, vor Revolution. Es geht um politische Verantwortung, um Schuld durch Unterlassen – in Zeiten des AFD-Aufschwungs und ständig sinkender Wahlbeteiligung hochgradig aktuell! Es geht um das Verhältnis des Menschen zu Gott in Zeiten des Wandels. Es geht um nicht weniger als die Substanz der Gesellschaft, die Natur des Menschen. Ich liebe es.

„Immer dann, wenn es den Menschen besonders schlecht ging, schworen sie der Logik ab, mit der sie sich alles erklären konnten, und begaben sich wieder in die Hände Gottes. Immer, wenn es bergab ging und es düster aussah, sollten Gebete alles retten. Vielleicht weil sie merkten, dass es doch Dinge gab, die sie nicht erklären konnten – oder weil sie nicht verantwortlich sein wollten für das, was passiert ist.“ (Kap. 3)

Mein Highlight war zudem das Söldner-Netzwerk mit Moody, der entgültig jedes Raufbold-Klischee sprengte und eine so menschliche Note in diese grausame Welt brachte, dass ich bis zur letzten Seite mitfieberte.

The Rising 1 von Felix A. Münter ist ein postapokalyptischer Thriller voller Schattierungen und Graustufen: Wer gut, wer böse und was gut oder böse ist, sind hier Einzelfallentscheidungen des Lesers. Ein rundum gelungener erster Band der laufenden The Rising-Reihe, auf die ich mich extrem freue.

Fünf. Sterne. No. Mimimi.Stern5


[Übersicht] Felix A. Münter – The Rising

1. Neue Hoffnung
2. Das Gefecht
3. Neue Fronten (Dez. 15)
4. Späte Rache (erscheint Sept. 16)


 

Wem das Buch gefallen hat, dem gefällt vllt auch: Philipp Schmidt – Auftakt (Schattengewächse 1) – Die dreckigere und verruchtere Apokalypse bei ähnlichen Chars.

The Rising 1 - Neue Hoffnung Book Cover The Rising 1 - Neue Hoffnung
The Rising
Felix A. Münter
Endzeit-SciFi
Mantikore-Verlag
04.09.2014
eBook
380

"Aus den Ruinen der Welt erhebt sich eine neue Kraft!" Die Zivilisation, wie wir sie kennen, liegt in dunkler Vergangenheit. Jahrzehnte nach dem weltweiten Kollaps gelangt eine kleine Gruppe Überlebender in den Besitz eines Fragments aus der alten Welt - Datenspeichern, deren Informationen von unschätzbarem Wert zu sein scheinen. Es dauert nicht lange, bis die Überlebenden erkennen, welche Möglichkeiten das Relikt liefert. Ein Neubeginn für die Menschheit ist zum Greifen nah. Doch auch andere wollen das Relikt für sich nutzen. Eine mörderische Hetzjagd beginnt …

3 Gedanken zu „[Rezension] The Rising 1 Neue Hoffnung von Felix A. Münter“

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