[Rezension] Ready Player One von Ernest Cline – Ein Roman mit Ingame-Feeling
Ready Player One von Ernest Cline ist ein Geheimtipp unter Gamern. Um Nerdkram aus den 80ern geht´s, was mich lange Zeit davon abhielt, es zu lesen: Schließlich habe ich die 1980er Jahre nicht bewusst erlebt, dazu bin ich zu jung. Und Spielautomaten gehörten nicht zu meiner Kindheit: Ich hatte meinen grauen Gameboy, den ich überall mit hinschleppte. Aber kann Ready Player One auch jüngere Leser oder gar Gelegenheitszocker überzeugen?
Eine virtuelle Schnitzeljagd
Der Tag, an dem James Halliday starb, veränderte die Menschheit.
Von der anhaltenden Energiekrise gezeichnet, flüchtet sich die Menschheit 2041 zusehends in die Virtuelle Realität des Computerspiels OASIS. James Halliday war einer der reichsten Menschen der Welt, ein verrückter Nerd mit einer Vorliebe für die 1980er Jahre und erfolgreicher Programmierer von OASIS; jemand ohne Erben. In einer Videonachricht verkündet er sein Testament: „Vor meinem Tod“, sagt Anorak, Hallidays Avatar, „habe ich selbst ein Easter Egg in Oasis versteckt. Wer mein Osterei als Erstes findet, erbt mein ganzes Vermögen.“
„Drei Schlüssel öffnen der Tore drei,
Und wer sich als würdig erweist dabei,
Muss alsbald auf sein Geschick sich besinnen,
Weill er das „Ende“ erreichen und den Preis gewinnen.“
Fünf Jahre lang fand niemand den Kupferschlüssel. Dann erschien ein Name auf dem Scoreboard: Parzival ist unsere Ego-Perspektive für dieses Retro-Gaming-Abenteuer.
Die Welt, in der sie leben
Wade lebt in dem als „Stacks“ bekannten Trailer Park am Rande von Oklahoma City. Über 22 Stockwerke erstreckt sich der schrottreife Haufen alter Wohnwagen; in dem seiner habsüchtigen Tante wohnen 15 Leute. – Nicht ungewöhnlich für das Leben in der von Gewalt und Armut geprägten Ghettos der neuen Welt.
Abseits der Siedlung hat er ein Versteck, einen rostenden Lieferwagen inmitten eines Schrotthaufens. Dort verwahrt er seine Oasis-Konsole, seine VR-Brille und -Handschuhe. Jeden Tag flüchtet sich Wade ins MMORPG: Dort geht er zur Schule, trifft seine Freunde. Die einzige Chance, die Stacks je zu verlassen, ist zu gewinnen.
„Ein künstliches Paradies, in dem wir uns verstecken, während die menschliche Zivilisation langsam vor die Hunde geht, in erster Linie, weil sich niemand mehr um sie kümmert.“
Oasis – Die Oase für Loser
Wades Avatar in Oasis heißt Parzival. Er ist in Oasis aufgewachsen; früher war das Spiel sein Babysitter, während seine Mum arbeitete. So wuchs er auf, während Oasis expandierte. Von den unzähligen Planeten der VR-Welt hat er jedoch nie viel gesehen: Zu teuer sind Teleportationen innerhalb der Welten. So gehört Wade selbst im Spiel zur Unterschicht: Er ist der ewige Lowlevel. Der Typ mit den Standartklamotten, der niemals reist und nie das Mädel abkriegt. Ein Außenseiter.
Das ändert sich schlagartig, als er den Kupferschlüssel findet. Sein Name erscheint auf dem Scoreboard, und die Welt schreit. Plötzlich steht er im Rampenlicht – und er hat mächtige Feinde: Die Sechser sind Jäger im Auftrag des Konzerns IOI unter Nolan Sorrento, welcher, versessen auf den Gewinn, mit tausenden bestausgestatteten Avataren in den Krieg zieht. Ihr Ziel ist es, Oasis zu übernehmen und der Open-Source-Utopie einen fetten Pay-To-Win-Riegel vorzuschieben. Dabei machen sie vor nichts Halt. Doch wie soll man eine übermächtige Armee nahezu unbesiegbarer Avatare mit unbegrenztem Cash besiegen? Die Hetzjagd beginnt…
„Ja, IOI. Die Sechser. Ihr Ziel besteht darin, Schlupflöcher in den Wettbewerbsregeln zu finden, um Jims letzten Willen zu unterlaufen. Es geht hier um nichts weniger als die Seele der OASIS. Jim hätte ganz sicher nicht gewollt, dass seine Schöpfung in die Hände faschistischer multinationaler Konglomerate wie IOI fällt.“
„Mr Morrow, dieser Sender gehört IOI…“
„Natürlich!“, rief Morrow fröhlich. „Denen gehört doch fast alles! Sie eingeschlossen, mein Junge! Ich meine, haben die Ihnen eigentlich einen Strichcode auf den Arsch tätowiert, als Sie eingestellt wurden, um Konzernpropaganda von sich zu geben?“
Der Reporter fing an zu stottern und schaute nervös zur Kamera hinüber.
„Jetzt aber schnell!“, sagte Morrow. „Schaltet mich ab, bevor ich noch irgendwas anderes sage!“ Es brach in schallendes Gelächter aus, und genau in dem Moment kappte der Sender die Verbindung zu ihm.
Die HighFive: Aech und Art3mis
Wem kann Parzival vertrauen, wem nicht? Schließlich sind sie zu fünft: Fünf Avatare schaffen den Sprung aufs Scoreboard noch bevor die Armee der Sechser übers Tor herfällt. Von nun an sind sie auf sich gestellt; jeder für sich allein. Aech, Parzivals bester Freund. Art3mis, die Vollblutjägerin und Teilzeitbloggerin, in die Parzival sich verguckt hat. Aber nun hat er wirklich anderes zu tun! Und wer weiß schon, wer hinter den Avataren steckt? Denn in Oasis kann jeder sein, wer er sein will.
„Sie konnte fünfzehn oder fünfzig sein. Viele Jäger bezweifelten sogar, dass sie weiblich war, aber zu denen gehörte ich nicht. Wahrscheinlich, weil ich die Vorstellung nicht ertragen konnte, in ein Mädchen verliebt zu sein, das in Wirklichkeit ein Kerl in den mittleren Jahren war, der Chuck hieß, Haare auf dem Rücken und eine Halbglatze hatte.“
Ready Player One – Looten & Leveln
Jedes Gamerherz schlägt höher, wenn Parzival durch die VR reist: Unzählige Planeten verschiedenster Art gibt es zu erkunden. Durch Dungeons und Quests muss Parzival sich schlagen, und gegen jeden Konkurrenten bestehen. Doch Ready Player One ist so viel mehr.
Eine Dystopie: Die Zeit vor Wades Geburt ist Auslöser für den Schlamassel, in der er lebt; Wade ist Jahrgang 2024.
Gesellschaftskritisch und hochaktuell schildert Ernest Cline eine mögliche Zukunft, deren Grundsteine wir soeben gelegt haben: Virtual Reality war der große Trend der letzten Videospielmessen – und fossile Brennstoffe das große Thema vieler Krisengipfel. Warum nicht in eine zweite, virtuelle Realität flüchten, wenn unsere Welt vor die Hunde geht? Die Technik, uns immer besser selbst zu belügen, entwickeln wir bereits seit Jahren.
Ein Nerdbuch: Aber Nerdwissen hin oder her; meine erste Spielekonsole war das SNES – und damit bin ich etwa zehn Jahre zu jung, um die 1980er bewusst erlebt zu haben. Natürlich stolpert man ab und zu übers Retro-Gaming, aber wenn ich ehrlich bin: Die meisten im Roman erwähnten Games habe ich nie gespielt und die wenigsten Filme gesehen.
Trotzdem, und das ist das Großartige, hat das der Spannung keinen Abbruch getan: Nie hatte ich das Gefühl, von der Story ausgeschlossen zu werden. Nie dachte ich: Nun labert er. Vielmehr hat Ernest Cline eine besondere Art, dem Leser die Spiele vor Augen zu führen: Ich sah die Retrogames vor meinem geistigen Auge; ich war mittendrin.
Ein Experiment: Gut gemacht ist auch, dass der Schreibstil frei und ungezwungen zwischen Reflektion und Chatdialogen wechselt, zwischen Schilderungen, Gedanken und Bildschirm-Einblendungen, Nachrichten … die ganze Ingame-Palette.
Nach der Hälfte des Buches wusste ich, dass ich ein neues Lieblingsbuch habe. Nach fünfhundert Seiten war es viel zu schnell vorbei.
G A M E O V E R
Der Roman Ready Player One ist ein riesiger Abenteuerspielplatz für Nerds. Er schleudert mit Wissen um sich, vor allem aber ist die Story spannend und pures Entertainment. Auch für zu junge und Gelegenheits-Gamer, vielleicht sogar für Nicht-Gamer.
Zum Kinofilm: Ready Player One
Der Roman von Ernest Cline wird von Stephen Spielberg verfilmt. Ready Player One soll am 30.03.2018 in den deutschen Kinos starten; die Dreharbeiten haben aber nichtmal begonnen. Am 25.2.16 erst wurde die männliche Hauptrolle besetzt, die weibliche Rolle der Art3mis steht mit Olivia Cooke bereits fest (die so überhaupt nicht meinen Vorstellungen der Art3mis entspricht!).
Hier ein Link zur News bei moviepilot.de
„Wenn es um Recherche ging, zog ich alle Register. Während der letzten fünf Jahre hatte ich sämtliche Bücher durchgearbeitet, die für einen Jäger von Interesse waren. Douglas Adams. Kurt Vonnegut. Neal Stephenson. Richard K. Morgan. Stephen King. Orson Scott Card. Terry Pratchett. Terry Brooks. Brester, Bradbury, Heinlein, Tolkien, Vance, Gibson, Gaiman, Scalzi, Zelazny. Ich las jeden einzelnen Roman aller Lieblingsautoren Hallidays.“
…to be continued…
Art3mis! Incredible Ready Player One fan art by @willmurai pic.twitter.com/7TshsptY3z
— Ernie Cline (@erniecline) 21. Februar 2016
Gaming
Penhaligon
26.03.2012
eBook
513
Wer online stirbt, ist wirklich tot!
Im Jahr 2044 hat die reale Welt für Wade Watts nicht mehr viel zu bieten. Daher flieht er - wie die meisten Menschen - in das virtuelle Utopia von OASIS. Hier kann man leben, spielen und sich verlieben, ohne von der bedrückenden Realität abgelenkt zu werden. Da entdeckt Wade in einem Online-Game den ersten Hinweis auf einen unsagbar wertvollen Schatz, den der verstorbene Schöpfer von OASIS in seiner Cyber-Welt versteckt hat. Plötzlich ist Wade eine Berühmtheit, aber er gerät auch in das Visier eines Killerkommandos - in OASIS und in der Realität. Wade weiß, dass er diese mörderische Hetzjagd nur überleben kann, wenn er das Spiel bis zu seinem ungewissen Ende spielt!
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