[Rezension] Hugh Howey Level stärkt die Trilogie, ohne selbst zu glänzen
„Some secrets should remain buried.“ – Der zweite Teil der düsteren Dystopie-Serie ist das Prequel zum Vorgängerband „Silo“, ergänzt diese Geschichte um viele Hintergrundinformationen, vertieft den Einblick in die Leben liebgewonnener Charaktere und rundet das Gesamtbild ab. Leider sind die level-eigenen Charaktere eher schwach, was mich ein wenig gestört hat. Euer Vorwissen sollte relativ frisch sein, damit ihr alle Kniffe durchschaut.
„Endlich hatte die Menschheit also einen Weg gefunden, ihren eigenen Untergang herbeizuführen. Und im nahezu selben Moment hatte sie ein Mittel entdeckt, um zu vergessen, dass dies je geschehen war.“ (vor dem Prolog)
2110, Silo 1
Jahrzehntelang hatte Troy geschlafen, nun wurde er geweckt. Die erste von zehn Schichten beginnt, jede dauert sechs Monate. Er hatte sich nie freiwillig gemeldet.
Eigentlich sollte er die Leitung eines Silos übernehmen. Dann aber steht er in der Kommandozentrale – jenem Raum, in dem der Kontakt zu allen 50 Silos gehalten wird. Nun soll er die Kontrolle über alle Silos übernehmen. Er, der nichtmal Kontrolle über sich selbst hat.
Aushalten lassen sich die Schichten nur mit Hilfe der Pillen. Sie sind Fluch und Segen zugleich: Lassen dich Unwichtiges vergessen, aber nehmen dir alles Menschliche – Jeden Erinnerung, alle Motivation. Und nach und nach stellt sich die Frage: Wozu das alles? Und wer entscheidet, was wichtig ist und was nicht?
„Er sagte, dass es eine Bürde sei sich korrekt zu verhalten und immer vernünftig und logisch zu handeln. (…) Und wie viel leichter alles wäre, wie viel besser für uns alle, wenn die Menschen tapfer genug wären, anstelle des Korrekten, das Richtige zu tun.“
2049, Washington, D.C.
Etwas verwundert ist Kongressabgeordneter Donald Keene schon, als er zum Senator berufen wird. Noch verwunderter erweist er sich über seinen Auftrag: Einen Bunker soll der ehemalige Architekt entwerfen, eine Wahl hat er nicht.
Im Rahmen der ALEK, der Anlage zur Lagerung und Entsorgung verbrauchter Kernstoffe, sei ein solches Notfallgebäude Pflicht für den Erhalt einer Baugenehmigung, sagt der Senator und hält auch gleich ein Team für ihn bereit: Donalds Ex-Freundin Anna, die Tochter des Senators, und seinen Freund Mick Webb. Wie soll er das bloß seiner Frau erklären?
„Die Wahrheit kommt immer ans Licht, aber die vermischt sich am Ende mit all den Lügen.“ Der Senator wedelte mit der Hand. „Du musst jede Lüge und jede Wahrheit genau gleich behandeln: Du musst sie leugnen. Lass diese ganzen Wichtigtuer, die auf ihren Websites von den Vertuschungen in der Politik schreiben, für dich die Öffentlichkeit verwirren.“
Fremdes Silo, fremde Welt
Silo 1 verfügt über einen Aufzug und Funk zu allen Silos. In ihm wohnt keine vollständige Gesellschaft: Nur Männer übernehmen die Schichten, während ihre Frauen und Kinder in Kältekammern, sog. Cryopods, lagern. Sie verfügen über das gesamte Wissen der damaligen Welt, denn sie selbst sind die Überlebenden. Nur an ihre eigenen Leben erinnern sie sich nicht: Wie Maschinen verharren sie anyonym, bis ihr Ziel, die Wiederbesiedlung der Erde, erreicht ist.
Silo 18
Veränderung in Silo 18: Die Armut zwingt viele Bewohner zu sparen. Sie befördern ihre Pakete nachts heimlich selbst über die Treppe. Keine gute Zeit für die Träger – betroffen ist auch der junge Mission. Dann bekommt er eine Kurieraufgabe von besonderer Stelle: Für gigantische 200 Marken soll er ein Paket unbekannten Inhalts befördern. Wieso heuert die IT so viele Neue an? Und wird die Krähe und ihre Mitglieder des Krähennests den Untergang des Silos verhindern können?
Gute Ergänzung zu „Silo“ mit schwachen Charakteren
Tatsächlich ist das Ziel dieses Prequels, Licht ins Dunkel der Silos zu bringen. Wer hat die Silos erbaut – und wieso?
Was sind all die Geheimnisse, die Juliette nicht wissen durfte? Im Zuge dessen knüpft die Story rund um Troy an vielen Punkten direkt an den Vorgänger an: Sie füllt die Lücken in der Geschichte und zeigt die Verschwörung aus fremdem Blickwinkel.
Dies ist wunderbar gelungen, weist aber auch die größte Schwäche dieses Buches auf: Die eigene Story kommt zu kurz. Abgesehen davon, was wir durch die (meiner Meinung nach stark spoilernde) Leseprobe am Ende des ersten (Taschenbuch-)Bandes bereits erfuhren, gibt es nur kurze Episoden aus den Silos. Die eigenen Charaktere kommen zu kurz: Was macht Anna so reizvoll, und was macht Helen so besonders? Auch der Senator wirkt aalglatt, aber sollte Donald ihn nicht viel persönlicher kennen?
Am Ende fügt sich alles zusammen
Im Gegensatz zum ersten Band gibt es keine dystopische Enge. Das Story-Hopping und die Verwirrspiele wechseln zu häufig, als dass sich Beklemmung einstellen könnte. Ständig grübelte ich, ob ich einen der Namen vielleicht schonmal gehört hatte. Nach den Leseproben (am Ende von Silo & der offiziellen des Verlags) sind leider die Wendungen des Hauptstrangs bereits abzusehen. Zum Glück ist Hugh Howey ein Meister der Kniffe & Wendungen, sodass euch manch´ Überraschung noch bevorsteht. Überhaupt hat Howey eine besondere Art, am Ende alle Stränge zu verknüpfen. Das Ende ist einfach richtig gut gemacht.
Level ist ein kleiner Dämpfer nach Juliettes großartigem Ausbruch, die Ruhe nach (und vor?) dem Sturm. Grundsolide 3 Sterne gibt es dafür. Der nächste Teil „Exit“ führt uns erneut in Silo 18 – mit Juliette und Lukas – und ich hoffe, dass der Titel dort Programm ist! Denn das kann ich kaum erwarten!
Im Übrigen: Ich fände den englischen Titel „Shift“ (=Schicht) viel passender für diesen Roman. Wie auch Teil 1 umfasst Level mehrere Kurzromane: 6. Das Vermächtnis, 7. Das Buch der Weisung und 8. Der Vertrag (engl. 6. Legacy, 7. Order, 8. Pact)
Das Taschenbuch erscheint am 1. Februar 2016.
Zur Orientierung hier nochmal das Inhaltsverzeichnis:
Erste Schicht: Das Vermächtnis
2049-2052: Washington, D.C. & Georgia
2110 Silo 1
Zweite Schicht: Das Buch der Weisung
2212 Silo 1 & 18
Dritte Schicht: Der Vertrag
2345: Silo 1
2312-2345: Silo 17
[Übersicht] Hugh Howey: The Silo Series (deutsch)
1. Silo
2. Level
3. Exit
The Silo Series
SciFi
Piper
11.08.2014
Hardcover
432
Im Jahr 2049 wird der junge amerikanische Architekt Donald Keene von Senator Thurman mit dem Bau einer riesigen unterirdischen Anlage beauftragt. Noch ahnt er nicht, über welch brisantes Wissen seine Auftraggeber verfügen: Ein politischer Konflikt zwischen Iran und den USA steht bevor – und eine Katastrophe, die die Erde unbewohnbar machen wird. Die Menschen sollen in fünfzig unterirdischen Silos Zuflucht suchen. In ihnen wird das Leben autoritär organisiert und streng reglementiert. Und es fordert Opfer. Als ein Aufstand ausbricht, muss der Wärter Troy alle Bewohner in den sicheren Tod schicken. Doch Troy weiß mehr über die Silos, als alle vermuten … »Level« ist das Prequel zu Howeys internationalem Bestseller »Silo«. Packend und von beängstigender visionärer Kraft.
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