[Rezension] Anette Kannenberg Das Mondmalheur oder Die Frage, wieviel Pech ein Mensch haben kann

mondmalheur[Rezension] Anette Kannenberg Das Mondmalheur oder Die Frage, wieviel Pech ein Mensch haben kann

Das Mondmalheur ist der bisher einzige Band der Dododilemma Trilogie, was ich allein wegen des Klangs erwähnen muss. Der Titel ist wunderschön, das Cover wunderwunderschön – wieso das Mondmalheur für mich knapp an der Perfektion vorbeischrammte, erzähl ich euch jetzt.

Junggesellen mit seltsamen Hobbies

Biologe Dr. Murray O´Connor ist Misanthrop, Eigenbrödler und Biologe; Genetiker, um genau zu sein. Diesen Eigenschaften verdankt er seinen neusten Erfolg: In der heimischen Badewanne gelang es ihm, einen Dodo zu züchten. Nun ist das Tier bekanntermaßen seit 400 Jahren ausgestorben; Doris jedoch, der Dodo, ist quicklebendig und kaum zu bändigen. So dauert es nicht lang, bis die Öffentlichkeit von ihr erfährt, Murray seinen Lehrstuhl an der örtlichen Universität einbüßt und als Genetiker bei CosmOre Industries landet.

Das Leben meint es nicht gut mit Dr. Cornelius Wichgreve. Als Ingenieur und Gravitationsphysiker hatte er trotz überdurchschnittlichem IQ einen Knebelvertrag unterschrieben, der automatisch die Rechte aller bahnbrechenden Erfindungen seinem Ex-Arbeitgeber übertrug. Nun hatte er dummerweise ein fliegendes Auto erfunden, und danach die Kündigung kassiert. Und wahrscheinlich würde er noch betrunken in seiner Bude liegen, hätte CosmOre Industries nicht ein Auge auf ihn geworfen.

Joshua Ironside ist genetisch optimierter Spross reicher Eltern, denen er seit der Geburt vorwirft, dass sie ihm keine Kiemen haben einpflanzen lassen. Als seine Freundin Annie schwanger wird, ist´s mit Daddys Geduld vorbei.

„Und so entstand in einer Zeit, in der die Hebammen Schwierigkeiten hatten, die hübsch symmetischen Kinder der wohlmeinenden Eltern voneinander zu unterscheiden, peu à peu eine Gegenbewegung der vermeintlich kreativen Eltern, die mehr schlecht als recht erkannten, dass Aussehen nicht alles war.
Der erste Mensch mit Flügeln hieß Horst.“

Das Team spezieller Spezialisten

Die Wissenschaftler fliegen zur Mondbasis Mondtaker 5, wo CosmOre Industries das Alleskönner-Metall Tuttofarium für den weltlichen Markt fördert. Ihre Aufgabe ist es, die Station zu verbessern: Cornelius als Gravitationsexperte soll die Schwerkraft auf dem Mond erhöhen; Murray O´Connor mittels des Bazillus oconnorensis sowohl die Förderung des Tuttifariums vereinfachen als auch die Sauerstoffversorgung ausbauen. Unterstützt werden sie von Ex-Geo-/jetzt Lunaloge Dr. Vladimir Nowikow, frei nach dem Motto: Treffen sich ein Physiker, ein Biologe und ein schlecht gelaunter Russe auf dem Mond…

„Und sie sind?“, fragte der grauhaarige Mann am Schreibtisch, ohne auch nur einmal aufzusehen.
„Doktor Cornelius Wichgreve“, antwortete Cornelius schnell und fügte hastig hinzu: „Ich bin hier um mich zu beschweren.“ Er grinste und wartete einen Moment ab, um den Witz wirken zu lassen. „Und sie natürlich auch.“

„Die klimatisierte Luft roch dezent nach Desinfektionsspray, und all das vermochte es, dass Murray sich unglaublich einsam fühlte.
Er war begeistert!“

Doch welcher dieser gelangweilten Wissenschaftsgenies im vollequipten Schlaraffenland der Mondstation kann dem Reiz der Narren- und Rechtsfreiheit widerstehen? Und wie weit würde das Unternehmen auf der von der Presse unbeobachteten Mondoberfläche gehen, um jede Rufschädigung zu vermeiden?

Das Mondmalheur

Das Mondmalheur ist kein Science Fiction-Roman im eigentlichen Sinne, eher ein verrücktes Mond-Abenteuer zweier Nerds. Der kritische Humor erinnert an die Per Anhalter durch die Galaxis-Reihe von Douglas Adams, der gleichartige Humor ist hier aber eher aufblitzend statt überladen; in etwa im Verhältnis Sternenhimmel zu Feuerwerk, und wirkt so nicht aufgesetzt und die Charaktere natürlich. Dennoch: Ihr werdet herzhaft lachen!

Und so streift Frau Kannenberg viele wissenschaftliche Themen, stets humorvoll und überspitzt, wortgewaltig und überwiegend spannend. Unterm Strich fand ich den Roman etwas zu lang: Bis Seite 120 tat sich rein gar nichts, flaxig untermalt mit skurrilem Touch fällt das aber kaum auf. – In der zweiten Hälfte des Buches wäre kürzer aber definitiv besser gewesen! Die Polizeikontrollen z.B. könnten ersatzlos gestrichen werden; es muss ja nicht restlos ALLES schiefgehen. Auf 400 statt 500 Seiten wär´s ein knackiger Wahnsinns-Trip durch Welt & All.

Es bleibt: Ein skurriles Buch über zwei exzentrische Wissenschaftler, die abenteuerlich versuchen die Welt zu retten – gespickt mit spannenden Nebencharakteren – in einer futuristischen Welt voller fliegender Autos und Klapp-Laptops für die Hemdtasche. Ob Science Fiction-mäßige Parts auf dem Mond oder katastrophale Weltuntergangsstimmung auf ebendieser, das Buch macht Spaß! Klare Empfehlung, wenn ihr auf nervenzerreißende Spannung verzichten könnt und mehr als nur eine Prise Humor vertragt; hier kommt ihr auf eure Kosten – nur der Dodo kommt zu kurz!! Eine runde Sache ist es dennoch: skurril, anders – ins All entführend.

Stern4


 

Anette KannenbergUnd der Preis für die wortgewaltigste Schilderung einer Busfahrt geht an: Anette Kannenberg!

„Um ihn herum ließen blasse Menschen gedankenlos ihre leeren Blicke durch die stickige Luft des öffentlichen Verkehrsmittels umhergeistern; draußen indes spie der graue, mit prallen Wolken bedeckte Himmel winzige Tropfen aus, die nahezu waagerecht durch die Stadt sprühten und die, wie Murray nüchtern befand, nicht einmal ansatzweise den Begriff Regen verdient hatten.“

„Der Bus hielt an und entlud mit einem erschöpften Seufzer einige der farblosen Passagiere.“

„Das Lüftlein allerdings schaute sich nur kurz um und verschwand, vom Mief der Umgebung eingeschüchtert, noch bevor die Türen sich wieder schließen konnten.“



[Übersicht] Anette Kannenberg – Die Dododilemma Trilogie

1. Das Mondmalheur
2. Der Sterbeschlamassel
3. Der D… (irgendwann 2016)

(Alle Bücher sind in sich abgeschlossen; ein Wiedersehen mit den Charakteren des Mondmalheurs gibt es dennoch.)

 

Das Mondmalheur Book Cover Das Mondmalheur
Dododilemma 1
Anette Kannenberg
Weltraum Abenteuer mit viel Humor
CreateSpace Independent Publishing Platform
18. Juli 2014
ebook
496

ÜBER DAS BUCH:
"Das Mondmalheur" ist ein kurzweiliger und nicht ganz ernstzunehmender Roman über Raumzeitegalisierer, Mondstein kackende Bakterien, über die ganz große, kleingeredete Katastrophe und den Versuch, die Erde vor dem endgültigen Untergang zu retten.
Er handelt von Verschwörung, Politik und Freundschaft, ist mal satirisch, mal dramatisch, aber zum Glück skurril genug, um sich das, um Himmels willen, nicht anmerken zu lassen.
Humorvolle Einfälle und charmante Protagonisten bilden gemeinsam eine absurde Story, deren höchster Zweck es ist, den Leser zum Schmunzeln zu bringen, ihn irritiert mit dem Kopf schütteln und dabei den eigenen Geisteszustand – oder zumindest den der Autorin – anzweifeln zu lassen.
(Wer harte Science Fiction erwartet, liegt hier übrigens mehr als daneben, denn auch, wenn DAS MONDMALHEUR in der Zukunft spielt, hat es eher wenig mit Krieg der Sterne, Star Trek oder Odyssee 2001 gemein. Nur Mut also.)

INHALT:
Das Leben von Cornelius Wichgreve, Gravitationsexperte und Erfinder der hochgejubelten Skylevitys, wird komplett durcheinander geworfen, als der weltweit führende Mineralölkonzern CosmOre Industries ihm einen Job auf dem Mond anbietet. Zusammen mit dem soziophoben Bakteriologen Murray und dem selbsternannten Lunalogen Vladimir soll er dort den Abbau des neu entdeckten Superelementes Tuttofarium vereinfachen. Doch als Murray plötzlich nach Peru versetzt wird und ein Praktikant dessen Aufgaben übernimmt, passiert das Unglaubliche, und Cornelius wird in eine Verschwörung hineingezogen, die in eine weltumspannende Katastrophe mündet.

Mehr unter: www.das-mondmalheur.de und www.anette-kannenberg.de

Nominiert für den Deutschen Phantastik Preis als
Bestes Deutschsprachiges Romandebüt 2015!

5 Gedanken zu „[Rezension] Anette Kannenberg Das Mondmalheur oder Die Frage, wieviel Pech ein Mensch haben kann“

Kommentare sind geschlossen.