[Rezension] Arthur Philipp: Die Dunkelmagierin oder „Chaotische Opis gegen den Rest der Welt“
Die Dunkelmagierin ist der Auftakt der neuen Fantasyreihe „Der Graue Orden“ von Arthur Philipp, laut Verlag das Pseudonym eines 1965 geborenen und jetzt in Mainz lebenden erfolgreichen Jounalisten, Kabarettisten und -natürlich- Autoren. (Wer herausfindet, wer sich hinter dem Namen verbirgt, der schreibt´s mir gern und ich werde schweigen. Versprochen.) Apropos verschwiegen:
Fejas Weg aus dem Langwald
Aufgewachsen ist Feja in einem kleinen Dorf im Langwald. Seit ihr Vater sie verließ, um auf See anzuheuern, ist ein Jahr vergangen. Nun macht sich Feja auf den Weg in die Hafenstadt Braake, um ihn zu suchen. Auf ihrem Weg dorthin stolpert sie über die Schwelle eines alten Tempels. Dort trifft sie auf den Zauberer Adach. Als sie ihm von ihren verwirrenden Träumen in der Nacht erzählt, ist für ihn klar: Feja verfügt über magische Begabung. Eine seltsame Kraft umgibt das Kind. Im Orden der Grauen Magier soll man ihre Fähigkeiten schulen, und ihr Rätsel lösen.
Die Insel Erun: Ein sagenumwobenes Vermächtnis
Die Dunkelmagierin spielt auf im Königreich der Asche, der Insel Erun, wo sich die Utorer nach dem Brand ihrer eigenen Stadt, niederließen und neue Städte gründeten. Damit vertrieben sie die Weren, das ursprüngliche Volk Eruns, die seither -von vielen verhasst- in den Städten versuchen Fuß zu fassen. Die Magier der Utorer verbannten auch die Magie der Weren, seitdem sind diese machtlos. Die Magie der Utorer, wie sie auch Feya nutzt, folgt einem eigenen Prinzip.
Früher hatten die Weren mächtige Kräuterhexen. Legenden und Mythen ranken sich um die alte Zeit, in denen sie starke Magier waren. Jedes Kind kennt diese Geschichten, und jeder Greis hegt den Traum, dorthin zurückzukehren. Doch werden sie als Spinner abgetan. Was ihnen bleibt sind Arten der Astrologie, die Traumdeutung, der Verkauf von Kräutern, die Wetter- oder die Schicksalsvorhersage aus den Konstellationen der sechs Monde.
Die Säulen einer neuen Magie
Magie, wie sie auf Erun genutzt und gefürchtet ist, wird von den Elementar-Orden unterrichtet. Es gibt Feuer-, Wasser- und Sturmmagier. Die Grauen, die Dunkelmagier, zu denen Feja gelangt, sind der Orden des Zwielichts, der Schatten. Wie mächtig die Magie eines Einzelnen ist, liegt an seinem Lindross, Fliod, Bargan und Midgav, was bedeutet „die Pforte, der Fluss, das Gefäß und das Geschenk“ (S.172)
Schwer zu erklären?
Für Zelda-Spieler: Der Manatrank (allerdings im Buch ein Gegenstand o.ä.), der Manafluss, die Kapazität deines Manabalkens und der Skill. An Esoteriker: das, woraus du Kraft ziehst, wie sie strömt, wieviel Kraft du aufwenden kannst vorm Regenerieren und deine Stärke. Für Autofahrer: Tanksäule, Fließdruck, Tankvolumen und das Fahren (als resultierende Fähigkeit). Wobei die Kraftquelle (Pforte) und der spezielle Zauber von Magier zu Magier unterschiedlich sind und meist geheim gehalten werden. Der Aufbau wird im Buch anfangs schwammig, aber später wirklich gut erklärt. Zum Abtauchen und Miträtseln: Wer kann was und wie gut?
Astrologie im Sechsmondland
Unter welchem Mond ein Kind geboren wird, bestimmt sein ganzes Leben. Je nach Konstellation der Monde in jenem Augenblick ist die Magie in ihm stärker oder schwächer. Dass die Monde Einfluss auf das Schicksal eines jeden Menschen, des Landes und auf die Natur hat, bezweifelt niemand. Selbst die höchsten Politiker wenden sich in Zeiten der Krise an die Monddeuter. Denn alle Figuren sind in diesem Verwirrspiel der Machtkämpfe fremdgeleitet, von ihrem eigenen Schicksal, das die Monde ihrer Geburtsstunde bestimmen. Aber wenn alles berechnet werden kann, wo bleibt dann der freie Wille? Ja, auch dem Roman wohnt ein ganz eigener Zauber inne: Eine Lunalogie.
Eine weitere Zauberschule…
In bester Harry Potter-Manier besucht Feja die Zauberschule, mit all ihren schrulligen Lehrmeistern, den feindseeligen Mitschülern und unzähligen geheimen Gängen und Räumen, die sie ab nun erforscht und sich dabei allerhand Ärger einhandelt. Feya lernt das Schreiben, und mit den anderen Schülern zusammen besucht sie Schulfächer wie den Zaubertrank-Unterricht sowie den Umgang mit dem Schwert. Doch während alle anderen Schüler bereits aus ihrer Magiequelle schöpfen können, bleibt Feja der Zugang zu ihrer Magie versperrt. Kein Einzelfall, doch ihr Leben ist nun an den Orden gebunden, ob als Magier oder Stallhilfe, sie muss dem Orden helfen.
Feja ist 13 oder 14. So genau weiß sie es nicht. Ein Alter, was in Fejas Fall weit entfernt vom Erwachsenwerden spielt (wobei es hier Widersprüche gibt), und das merkt man jederzeit an ihrer Naivität und an der Unfähigkeit, ihre Neugier zu zähmen. In der Schule gibt es die üblichen Grüppchen: Den Schaumeier Nerius, den Klassen-Bösewicht Tyrbull Tyrgrim (ein farbloser Malfoy-Klon) mit seinen Leibwächtern, die Mädelsclique, dazu unsinnige Aufnahmerituale, Mutproben etc. Und dann gibt es noch den düsteren Bruder Span, den alle Mitschüler beängstigend finden. Kurz: Das alles habe ich schon tausendmal gelesen.
Intrigen der Dunkelmagier
Immer wieder kommt es zu Unruhen im verarmten Zauberer-Orden. Die Ordensbrüder sind alt und faul geworden, sich ihrer Macht zu sicher. Und so spaltet sich der Sturmrat, die Obersten, in zwei Lager. Sie sehen unterschiedliche Wege, den Orden zu altem Glanze zu verhelfen: Die Rückkehr zu Zwielicht und Intrige, oder die gesetzestreue Ausbildung der neuen Generation vielversprechender Zauberer. Leider wirkten die Oberen auf mich häufig wie ein Haufen unstrukturierter und recht hilflos durch Abenteuer stolpernder alter Herren. Mit Ausnahme einer ganz und gar düsteren Gestalt, die dadurch allerdings keinen ernstzunehmenden Gegner zu haben scheint. Dennoch fand ich die Idee, moralische Graustufen in den Plot einzubauen, sehr clever. Heiligt der Zweck alle Mittel?
Fazit: Die Dunkelmagierin ist ein klischeebeladener Wälzer in innovativer Fantasywelt
Ich habe selten in eine Fantasywelt hineingelesen, die mich so sehr fasziniert hat, wie die Insel Erun mit ihrer Magie und Lunalogie. Aber: Ich habe schon etliche Internats-Zauberschulen gelesen, und hier gibt es nichts Neues zu entdecken. Besser wird es, als Feja sich etwas vom Orden löst; ihre Naivität zieht sich aber fast durchs ganze Buch. Insofern bin ich bei meinem Fazit hin- und hergerissen. Da aber Feja in meinen Augen für den Orden ein viel zu leichtes Opfer war und das Ende mich auch nicht überzeugt hat, würde ich am liebsten 3,5 Sterne geben. Da es sowas hier nicht gibt:
Wer sich vor allem für faszinierende Fantasywelten durch ausgeklügelte Grundsteine und Konzepte interessiert, der wird mit Sicherheit viel Spaß haben, sich durch die verworrenen Legenden zu wühlen. Wer aber die heldenhafte Story eines starken und klugen Mädels lesen will, das sich selbständig durch die Reihen übermächtiger Gegner trickst, der wird eher enttäuscht.
Im Buch befinden sich Karten der Spielorte, die ich aber nicht brauchte. Am Ende habe ich festgestellt, dass ich mir Land und Feste tatsächlich fast genauso vorgestellt hatte, wie gezeichnet.
Vielen Dank an blanvalet für dieses Rezi-Exemplar!
Die Dunkelmagierin ist der Auftakt zur Reihe „Der Graue Orden“. Infos zu weiteren Bänden gibt es zzt. noch nicht. (03/17)
Der Graue Orden 1
High Fantasy
Blanvalet
20.02.2017
Schickes Taschenbuch
576
Eine junge Magierin, ein uralter düsterer Orden, eine fast vergessene Prophezeiung
Fejas Talent für die Magie ist groß, doch noch kann die junge Frau es nicht nutzen. Als sie sich entschließt, der Schule der grauen Magier beizutreten, wird sie rasch zum Spielball der Intrigen der Mächtigen. Denn einst waren die grauen Magier gefürchtet, und es gibt Kräfte im Orden, die diesen um jeden Preis wieder zur alten Macht zurückführen wollen. Feja muss rasch lernen, ihre Magie zu nutzen, oder sie wird zwischen den Fronten zerquetscht werden. Doch niemand im Orden ahnt, dass eine dritte Partei Vorbereitungen trifft, um die tausend Jahre alte Ordnung zu zerschlagen – und Feja soll ihr Werkzeug sein …