[Rezension] Apollonia Sensenschmidt – Die Relikte der Erbauer oder „Trust me, I´m an engi…inge…. I can fix it!“
Meine Reise per Raumschiff quer durchs kindle-Universum geht weiter. Diesen Monat hat es Die Relikte der Erbauer getroffen, ein Indie mit unglaublich guter Wertung bei Amazon trotz – nennen wir es mal „schlichtem“ Cover. Ich hab mir nicht mal den Klappentext durchgelesen, bevor ich es angefangen habe. Nach drei Seiten war ich Feuer und Flamme!
Mysteriöse Todesfälle und eine unbekannte Spezies
Das Sternensystem Theta-Gamma-339 in den Kolonialwelten ist das neue Heimatsystem von Tia Orvat. Ihrem Wunsch, auf der Raumstation Sirius5 nahe Theta-Gamma-339-6 anzuheuern, um den dichtbesiedelten Kernwelten zu entfliehen, entsprach der Bund ohne weitere Fragen. Zum Glück!
Während ihres Dienstes als Sicherheitskraft der Raumstation wird ein toter Squarimi am Strand des Gartendecks aufgefunden, ausgerechnet zur hormonellen Hochphase dieser Spezies. Er stellt sich als Professor Chandal M heraus, ein Archäologe zur Erfoschung der Raumstation der Erbauer. Gestern noch hatte Tia ihn begleitet, daher gilt sie als Zeugin.
Wenig später wird Tia von einer Transportkapsel entführt. Ohne, dass Tia eingreifen kann, landet sie schließlich auf Deck 157, der letzten erforschten Ebene der Station. Dort liegt ein Schwerverletzter einer unbekannten Spezies, der Tia vor seinem Tod eine schwere, doch existenzielle Aufgabe aufbürdet…
Die Relikte der Erbauer als neue Heimat
Die Sternensysteme und Kolonialwelten sind mit Transportschienen verbunden. Mit ihnen reisen und handeln die Kolonisten viel schneller, als jedes Raumschiff es könnte. Doch die Transportschienen wurden nicht von Menschenhand erbaut, sie gibt es seit Urzeiten. Sie sind, ähnlich wie einige Raumstationen, Relikte aus alten Zeiten, einer Zeit, in der eine längst verschollene Zivilisation den Weltraum bevölkerte: Die Erbauer.
Eine Besonderheit von Tias neuem Heimatsystem sind die Schienen, die daran grenzen. Neben einer Haupthandelsroute gibt es dort zwei unerfoschte Transportschienen, die weit aus der besiedelten Region hinausführen. Die andere Besonderheit ist die Raumstation, die den dortigen Gasriesen Theta-Gamma-339-6 umkreist: Auch sie stammt aus der Hand der Erbauer.
Die Raumstation der Erbauer hat die Form eines gigantischen schwarzen Würfels mit einer Seitenlänge von über 16km, ist Jahrzehntausende alt, von ihren ca. 300 Decks sind nur 11 in Benutzung durch den Jamana-Bund, der sich wie ein Parasit dort festgesetzt hat; nur 157 Etagen sind überhaupt erforscht. Irgendwo im unerforschten Bereich der Raumstation liegt die schier unerschöpfliche Stromquelle. In den oberen Decks bezieht Tia ihr Quartier.
Bilderbuchstart ins Science Fiction Abenteuer
Die Relikte der Erbauer hat einen Bilderbuchstart hingelegt: Wo sind wir? Wie ist die Lage? Was erwartet uns? Verwoben mit der persönlichen Note unserer Ich-Perspektive, einer Einzelkämpferin mit mysteriösen Fähigkeiten und dunkler Vergangenheit, überhaupt nicht dröge oder trocken. (Im weiteren Verlauf des Buches spricht der Protagonist den Leser gar direkt an; sie siezt ihn.) Es folgt die Erklärung des Titels „Relikte der Erbauer“, und das war der Moment, an dem ich mir den Abend freinahm und alle anstehenden Termine inkl. des Abendessens auf morgen verschob.
Jamana-Bund und Diplomatencorps
Der Aufbau der Gesellschaft ist ausführlich und präzise beschrieben: Das Rückgrat des Völkerbundes bildet das sogenannte Diplomatencorps, Vertreter aller Spezies, die das reibungslose Zusammenleben durch Schlichtung und Rechtsprechung erst ermöglichen. Denn die Völker sind so unterschiedlich, wie nur möglich, in Mimik, Gemüt und Emotion. So betreiben die Diplomaten auch Forschungslabore, in denen die Psychologie der Völker erforscht wird, um das gegenseitige Verständnis und damit den Frieden zwischen den Völkern zu sichern.
Um Die Relikte der Erbauer zu genießen, müsst ihr Alienromane mögen. Innerhalb des Bundes leben verschiedenste Völker zusammen: Die Scora sind katzenartige Wesen, die Bree Echsen, Squarimi haben Ähnlichkeit mit terrestrischen Tintenfischen. Gut, das klingt gewöhnungsbedürftig und letztere sind selbst für mich etwas zu fantasievoll gestaltet. Die detaillierte Erklärung der Eigenschaften jeder Spezies sowie natürliche Verhaltensmuster und Gepflogenheiten sind aber fantastisch beschrieben, lassen sie fast (und eben auch nicht) menschlich wirken und handeln, und als Partner oder Gegenspieler ernstnehmen. Dennoch habe ich, gerade bei misslungener zwischenspezischer Kommunikation, oft herzlich gelacht! Doch, ernstzunehmende Science Fiction ist es schon, aber keine humorlose.
„Ji-mi-i blickte ihn so eiskalt an, wie es nur dir Scora können. (…) [Scora] emfinden ihre Gefühle (..) mit einer erheblich geringeren Intensität als es die allermeisten intelligenten Spezies in der Galaxis tun. In der Gegenwart von sehr vielen Personen, die nicht ihrer eigenen Spezies angehören, fühlen sie sich wohl ein wenig wie in einer psychiatrischen Klinik voller Tobsüchtiger. Aber selbst für ihresgleichen war Ji-mi-i ein ganz schön kalter Fisch.“ (Pos. 445)
Simple Idee und spannende Umsetzung
Die Relikte der Erbauer von Apollonia Sensenschmidt ist ein mysteriöser Alienroman mit einer Prise Humor. Schwerpunkt dieses Science Fiction-Werkes sind die organisch wirkenden Technologien der Erbauer in der sich Tia öffnenden Parallelwelt. Die Relikte der Erbauer bezaubert durch Fantasie und meidet wissenschaftliche und allzu-physikalische Ausführungen.
Besonders angenehm fand ich Tias lässige Erzählweise, die mich bereits am Anfang in ihren Bann zog. Das Prinzip des Buches ist schlicht und gerade dadurch brilliant, die daraus resultierenden Möglichkeiten schier grenzenlos. Die Story ist gut durchdacht, clever gemacht und leicht verständlich. Das Buch hat nur minimale Durchhänger, die der detaillierten Beschreibung fremdartiger Technologien geschuldet ist. Der Roman ist rätselhaft und spannend, die Neugier zog mich durch die Seiten. Er liest sich leicht weg, hinterlässt den runden Eindruck eines fantasievollen Weltraumabenteuers. Mehr davon!
Die größte Schwäche des Buches ist das Cover, dabei sollte doch gerade das repräsentieren. Aber, weiß Gott, ist mir das lieber als andersherum! Und so ist der Debütroman der Autorin aus dem Norden Bayerns mein Geheimtipp im kindle-Univerum, besonders für Autoren und Fans von Alienromanen.
Autorentipp: Ein Raketenstart ins eBook
Der Anfang ist stark; bereits nach drei Seiten hatte ich das Gefühl, Teil eines großen Abenteuers zu sein. Ja, ich hatte leichtes Kribbeln im Bauch. Der Anfang, so schlicht er scheint, hat es in sich: Er gibt einen Ausblick auf die möglichen Abenteuer, alles Unerforschte und Verheißungsvolle dieser Welt. Das Prinzip ist in drei Seiten erklärt; die Möglichkeiten sind quasi unendlich. Stehen doch durch die Relikte alle Welten weit offen! Wenn ihr SciFi-Autor/in seid und kindleunlimited habt, sind die ersten Seiten auf jeden Fall einen Blick wert; tatsächlich glaube ich, dass auch Fantasywelten eventuell ähnlich eingeleitet werden könnten.
Hier geht´s zu Amazon, das Buch ist kindleunlimited berechtigt.
Science Fiction
Indie Kindle
2016
kindle
280
In einer fernen Zukunft hat sich die Menschheit mit acht anderen Spezies zum Jamana-Völkerbund zusammengeschlossen. Der Frieden in der Galaxis erscheint gesichert. Gemeinsam erforscht man den Weltraum. Dazu nutzt man auch die Hinterlassenschaften der geheimnisvollen Spezies der Erbauer, eines Alienvolks, das vor beinahe zweihunderttausend Jahren spurlos verschwand und seine gewaltigen Apparaturen in den Tiefen des Alls zurückließ.
Tia Orvat ist Mitarbeiterin im Sicherheitsdienst auf einer der wiederbesiedelten Raumstationen der Erbauer im letzten Winkel des vom Jamana-Bund erforschten Raumes. Als auf der Station ein Archäologieprofessor, der über die Kultur der Erbauer forschte, ermordet wird und kurz darauf die Leiche eines Außerirdischen einer unbekannten Spezies gefunden wird, wird Tia unfreiwillig in Geheimnisse hineingezogen, die weit in die Vergangenheit zurückreichen und den Frieden in der Galaxis ins Wanken bringen könnten.
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