[Rezension] Jon Skovron – Empire of Storms – Pakt der Diebe ist ein blutrünstiges Abenteuer mit Piratenflair
Empire of Storms – Pakt der Diebe ist der Auftakt einer neuen Fantasy-Reihe von Jon Skovren. Ich hatte bereits vermutet, dass es sich um einen Abenteuer-Roman für Erwachsene handelt, als dann aber Piraten den Plot enterten, war ich zuerst verwirrt. Doch von Anfang:
Zwei Kinder, vom Schicksal verbunden
Auf den kalten südlichen Inseln des Imperiums: Seefahrer finden ein kleines Mädchen als Blinden Passagier an Bord des Handelsschiffs. Als einzige Überlebende ihres Dorfs hat sie Schlimmes gesehen. Sie bringen es zu Großmeister Hurlo im Orden der Vinchen, wo sie Zuflucht finden soll. Man nennt das Mädchen nach ihrem Heimatdorf, Bleak Hope. Sie schwört Rache an den Biomanten des Imperators.
Im Alkoholrausch wird Diebin Sadie die Ziege entführt. Sie erwacht gefesselt im Bauch eines Schiffs, und sie ist nicht allein. Denn das gleiche Schicksal ereilt Red, den Straßenjunge mit den roten Augen. Er scheint über nützliche Fähigkeiten zu verfügen. Denn als Sohn einer Künstlerin und einer männlichen Hure war er nach dem Tode der Eltern gezwungen, sich selbst im Armenviertel New Lavens durchzuschlagen. Dabei nützen ihm seine flinken Finger, sein Charme und sein unbedingter Überlebenswille.
Insel-Imperium, Kehren-Slang und Bio-Magie
“Diese Stadt hier wirkte aus der Ferne so prächtig, und aus der Nähe erschien sie durch und durch verdorben.” S. 252
Die Fantasywelt von Empire of Storms erstreckt sich über ein Insel-Imperium, welches von Händlern, Abenteurern und Piraten zu See befahren wird. Die Hafenstadt New Laven ist in Viertel geteilt, die unterschiedlicher kaum sein können. Während in der Paradieskehre und Hammerhusen bittere Armut herrscht, feiert der Adel auf dem Silberrücken. Jeder Stadtteil hat seine eigenen Regeln, seinen Kodex, seine eigenen Geschichten, Gesichter, Namen (in bester Himmelsrand-Manier) – und tatsächlich sogar eine völlig eigene Redeweise, einen Slang. Und seine eigenen Gefahren, abgesehen von einer: Durch alle Teile des Landes streifen die Biomanten des Imperiums, deren grausamen Experimenten ganze Dörfer zum Opfer fallen. Sie sind keine Zauberer im eigentlichen Sinne, sondern Wissenschaftler, die Tiere verändern können und sich zu Nutze machen. Das Imperium lebt in ständiger Angst vor ihren Streifzügen.
Jon Skovron beschreibt eine blutrünstige Welt voller Armut, in der einzelne Charaktere sich auflehnen und zu Helden werden können – oder in die tiefste Gasse abstürzen. Eine magisch wirkende Welt ohne eigentliche Zauber. Eine Welt voller Grauzonen, mit gutherzigen Schurken und bösartigen Geistlichen. Dabei orientiert er sich nur grob an vorhandener Fantasy. Eine wirklich fesselnde Mischung.
Piraten, wie sie in keinem Buche stehen
Mit Red und seinen Helfern erfindet Jon Skovron eine wundervolle Truppe, die es wahrlich verdient haben, eine 600-seitige Heldenstory zu durchlaufen. Das Setting ist ausgereift und in vielen Kleinigkeiten durchdacht. Red beispielsweise hat rote Augen, da seine Mutter während der Schwangerschaft purpursüchtig war. Solche Kinder haben geringe Überlebenschancen, kein Wunder also, dass Red über einen so starken Willen verfügt. Die Story des Romans bleibt im Vergleich dazu farblos und unscheinbar. Empire of Storms lebt von seinen Helden.
Über Untiefen und tiefe Dialoge
„Hope dachte daran zurück, als sie erfahren hatte, dass Red zur gleichen Zeit zum Waisenkind geworden war wie sie selbst. Ihrer beider Leben waren so verschieden gewesen, aber diese eine Gemeinsamkeit war wie ein Pflock, der in das Zentrum ihres Seins gebohrt worden war, in dem sich ihre Träume, ihre Ängste und Wünsche drehten. Sie hatte nicht gewusst, dass sie jemanden, der so anders war als sie selbst, so gut verstehen konnte.“ – S. 422
Die englische Version heißt „Hope and Red“ und so treffen unsere beiden Helden natürlich aufeinander. Doch wie passt die Ehre einer Kriegerin Hope in die dreckigen Gassen des Armenviertels, in denen sich Red sein Geld durch Überfälle und Diebstahl verdient? Nirgendwo sind moralische Bedenken und Skrupel tödlicher, als in der Kehre, der Gosse New Lavens. Hier gilt das Recht des Stärkeren ausnahmslos, egal ob Mann oder Frau. Für Hope eine neue Erfahrung. Das Leben hier folgt eigenen Regeln, die Hope zwar fremdartig, aber trotz aller Grausamkeit nicht generell unfair vorkommen.
Was ist ein Menschenleben wert – in einer Stadt, in der niemand alt wird? Was zählt die Ehre einer Kriegerin, wenn dafür Menschen sterben? Wie unterscheidet man zwischen richtig und falsch? Was macht Armut, eine grausame Stadt, ständige Angst aus einer verlorenen Kinderseele? Was treibt Menschen an, die nichts als ihren Ruf noch zu verlieren haben?
[Für Nerds: Anfang – Assassins Creed in shabby meets Namen, Setting und Tavernen aus Himmelsrand. Mitte – Fluch der Karibik trifft auf Tom Cruise als weiblichen Last Samurai. Dann das Finale: Der blutige Pfad Gottes auf Fantasy. Zack Feddich: Splatternde und ziemlich coole Erwachsenen-Fantasy.]
Fazit: Empires of Storms ist einen Ausflug wert!
Empires of Storms – Pakt der Diebe ist ein blutrünstiger Wälzer, der gewaltig viel Spaß macht, wenn man auf Piratenabenteuer und alternative Fantasywelten steht. Denn die Magie der Straße ist kein Zauber, sondern wissenschaftlicher Natur, die Biomanten sind der übermächtige Gegner, dem ein Armutsviertel mit Taschenspielertricks entgegensteht. Das, was zwischen Hope und Red sein soll, entwickelt sich nicht wie eine normale Romanze – wie sollte es auch, zwischen all den Rotlichtvierteln. Eitel Sonnenschein ist anders. Empires of the Storm schildert die Ereignisse auf der Straße: Armut, Blut, Huren. Friss oder stirb. Dabei ist die Welt so unglaublich durchdacht. Nachdem mich die Mundart in der Kehre anfangs irritierte, feierte ich später jeden „un-verpisst-noch-mal-glaublich“en Satz. (S. 303) Nichts für Kids, aber für mich jede Sekunde des Ausflugs wert!
Ps. Nur eins versteh ich nicht: Wenn alle Stadteile für jeden begehbar sind, wieso leben die Armen brav auf den Straßen in der Unterstadt? Wieso führen sie ihre Einbrüche nicht im prachtvollen Silberrücken aus? Käme da nicht mehr bei rum? – Irgendjemand?
Vielen Dank an den Heyne-Verlag für dieses Rezi-Exemplar!
Zum Taschenbuch:
Schicker Matt-Glanz-Mix auf dem Prägecover, Karte vom Imperium der Stürme und New Laven vorn im Buch. Keine Angst vor dicken Wälzern! Empires of Storms liest sich wirklich „mal eben“ weg. (Ums mit dem Roman zu sagen: Ein wirklich „sonniger“ Roman für jede „Mieze“ und jeden „Kater“.) Der zweite Band „Bane und Shadow“ erschien am 28.02.17 auf Englisch. Das TB zur Fortsetzung ist zzt (Anfang März) bei Amazon vergriffen.
[Übersicht] Jon Skovron – Empire of Storms
1. Empires of Storms – Pakt der Diebe (13.02.2017 auf Deutsch; engl. Hope and Red)
2. Empires of Storms – Bane and Shadow (erscheint am 28.02.2017 auf Englisch)
Empire of Storms
Fantasy für Erwachsene
Heyne
13.02.2017
Taschenbuch
593
Hope ist noch ein Mädchen, als ihr Dorf von den Magiern des Kaisers angegriffen und dem Erdboden gleich gemacht wird. Sie allein überlebt und findet in einem Kloster nicht nur Unterschlupf, sondern wird dort auch von den Kriegermönchen in den Kampfkünsten unterwiesen. Red ist ein Straßenjunge, der in den finsteren und überfüllten Gassen New Lavens zum besten Taschendieb heranwächst, den das Imperium je gesehen hat. Jahre vergehen – doch als Hope und Red einander auf schicksalhafte Weise begegnen, schließen sie einen Pakt, der die Zeit der Ungerechtigkeit beenden wird …
4 Gedanken zu „Empire of Storms-Pakt der Diebe von Jon Skovron“
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