[Rezension] Phillip P. Peterson: Flug 39 – Über Zeitreisen und den Gott-Komplex der Menschen
Flug 39 ist ein Zeitreise-Roman aus der Feder des Indie-Autoren Phillip P. Peterson. Seine SciFi-Thriller Transport und Paradox haben mich begeistert. Mit letzterem gewann er zudem den Kindle Storyteller-Award 2015 und erreichte den dritten Platz des DSFP 2016. Im Hard-SF-Bereich ist jeder Peterson-Roman für mich ein Must-Have, aber wie steht es um den historischen Flug 39?
Killing Hitler 2.0?
Seit Monaten plant Georg Elser den großen Coup: Er will Hitler bei seinem nächsten Besuch in München töten. Nachts schleicht er deshalb in den Münchner Bürgerbräukeller, wo er eine der Säulen mit Sprengstoff präpariert. Nachdem er am Vortag des Anschlags die Zeit der Zündung eingestellt hat, spricht ihn auf der Straße ein Mann an. Er stellt sich als Max Jung vor, als Förderer seines Plans. Doch sein Plan werde schiefgehen, verrät der Fremde ihm und zeigt ihm Fotos des eingestürzten Gebäudes. Denn Hitler selbst werde das Gebäude verlassen, bevor die Bombe zündet. Wer ist der Fremde, woher bezieht er seine Infos – und kann Georg ihm trauen?
Nachdem unter seiner Verantwortung ein Passagierflugzeug in Turbulenzen geriet, steht Flugkapitän Christoph Wilder vor dem Nichts. Da es bei dem Manöver einen Toten gibt, verliert Christoph seinen Job. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt macht ihm ein Jobangebot: Man bietet ihm einen Pilotenjob in Köln an, doch verrät kaum Details. „Pilot für Linienflüge im Namen der Wissenschaft“ soll er werden. Christoph ist das egal: Er will wieder fliegen – und was hat er schon zu verlieren, seit seine Frau bei einem Unfall starb und zwischen ihm und seinem Sohn völlige Funkstille herrscht? Was er nicht ahnt: Sein neuer Job bietet ihm vielleicht die Möglichkeit, alles zu verändern.
Die Zeitmaschine im A380
Flug 39 stellt die wohl älteste Frage der Zeitreise-Thematik: Würde Hitler zu töten, den zweiten Weltkrieg verhindern? Könnte all das Leid, all die Toten verhindert werden, würde man Hitlers vor seinem Aufstieg zum Führer töten?
Die Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt suchen in Flug 39 zur Erforschung der Gesetzmäßigkeiten in der Zeitreise einen Piloten, der den Airbus A380 mitsamt des Teilchenbeschleunigers an Bord, zu Testflügen steuert. Der erste Zeitsprung soll nur einen Tag in die Vergangenheit führen, doch es kommt anders.
Große Macht birgt großen Reiz – und wem kann man trauen, dem zu widerstehen? So gerät das Flugzeug schnell unter fremde Kontrolle: In die Hände einer Organisation, die Hitler töten und damit den blutroten Schandfleck der deutschen Geschichte ungeschehen machen will. Doch dies noble Ziel ist ein Risiko: Zu wenig ist über die Zeitreise bekannt und so stolpert die Crew in ungeahnte Probleme, als sie merkt, dass sie die Konsequenzen ihres Handels nicht einmal grob voraussehen können.
Zeitreise-Flug mit Tücken
Ähnlich wie bei Transport sollen wissenschaftliche Experimente zur Erforschung einer neuen Technologie stattfinden. Vor allem: Welchen Gesetzmäßigkeiten unterliegen Zeitreisen, wie steht es mit Zeitparadoxen? Anders als bei Transport finden diese Experimente aber nie statt. Stattdessen dreht die Maschine – und auch die Story in eine völlig andere Richtung:
Können wir die Konsequenzen unseres Handelns abschätzen, wenn wir beschließen, die Vergangenheit zu ändern? Wenn Hitler tot ist, wer regiert statt ihm – und zu wessen Gunsten? Welche Konsequenzen hat die Ermordung Hitlers? Wenn nicht die Zeitreisenden, wer gerät dann wegen des Anschlags ins Visier der neuen Regierung und welche Staaten versuchen dieses Ereignis zu ihrem Vorteil zu nutzen? Wer möchte die Verantwortung für unliebsame Entscheidungen und alle darauf folgenden Konsequenzen übernehmen. Wer will entscheiden, wer leben darf und wer sterben muss?
Fazit: Flug 39 – Was würdest Du tun?
Flug 39 ist ein spannender Zeitreise-Thriller über den Reiz, den mächtige Technologien auf Menschen auswirken, und die fatalen Folgen. Da der Roman quasi nur über eine Handlungsebene verfügt, verging die Lesezeit wie „im Flug“. Gleichzeitig regt Flug 39 zum Nachdenken an: Was würdest Du tun, wenn Zeitreisen möglich wären? Du könntest Worte ungesagt, Handlungen und Unfälle ungeschehen machen. Durch Vorwissen könntest Du die Gegenwart verändern. Du könntest geliebte Menschen wiedersehen oder vielleicht sogar retten?
Zugegeben: Hitler durch Zeitreisen zu töten ist ein ziemlich alter Schuh. (Die Westwood Studios z.B. brachten Hitler 1996 in „Command & Conquer: Alarmstufe Rot“ per Zeitreise um.) Aber Phillip P. Peterson hat daraus einen nervenzerreißenden Thriller geschrieben, in dem nicht die Tat an sich im Fokus steht. Vielmehr konfrontiert er Protagonist Christoph Wilder mit den dunkelsten Augenblicken seiner Vergangenheit und gibt ihm die Macht, alles zu verändern. Etwas gestört haben mich die allzu deutschen Namen vieler Charaktere: Horst Sendenhorst (Really?) und Herbert Steinmann lesen sich irgendwie unschön. Unterm Strich sind das Kleinigkeiten, die meine Freude nicht dämpfen:
Phillip P. Peterson ist (nach den schwächeren Transport-Fortsetzungen) endlich wieder ein knackig-kurzer – aber sehr feiner – SciFi-Thriller gelungen, der mich ohne Einschränkungen begeistert!
Weitere Romane von Phillip P. Peterson:
In Transport begleiten wir die Experimente einiger Todeskandidaten, die ihr Leben in die Dienste des Militärs zur Erforschung außerirdischer Portale stellen, um ihre Freiheit zu gewinnen. In Paradox begleiten wir eine Raummission bis an den Rande unseres Sonnensystems. Petersons Werke sind bei Amazon teilweise über die Prime-Optionen „Prime Reading“ und „kindle Leihbücherei“, sowie „kindle unlimited“ erhältlich. Teils auch bei Audible.
[Rezi: Zu Transport] -Trilogie
[Rezi: Zu Paradox] – bekommt bald Fortsetzung
Zeitreise-Thriller
kindle Indie
15.07.2017
eBook
302
"Wir werden nach 1939 gehen!" - "Um was zu tun?", fragte Christoph - "Wir werden Hitler töten!" Linienpilot Christoph Wilder wird einem geheimen Forschungsprojekt zugeteilt. Er soll ein Großraumflugzeug steuern, das mit einer Zeitmaschine ausgestattet wurde. Doch beim Jungfernflug entführen Aktivisten die Maschine und zwingen Christoph, sie ins Jahr 1939 zu bringen. Ihr Ziel: Adolf Hitler töten! Doch der Preis für die Verhinderung des Zweiten Weltkrieges übersteigt selbst den schlimmsten Alptraum. Und Christoph steht vor der grausamen Frage, ob er dem Diktator das Leben retten soll...