silent sun brandon q morris

Silent Sun von Brandon Q. Morris – kindle Indie Science Fiction

silent sun brandon q morris[Rezension] Brandon Q. Morris: Silent Sun – Geheimnisvolle Artefakte nahe der Sonne

Silent Sun ist der neuste eigenständige Roman des Indie-Autoren Brandon Q. Morris, der sonst eher für längere Buchreihen bekannt ist. Mit seiner mittlerweile fünf Bände umfassenden Eismond-Reihe startete er im letzten Jahr im kindle-Universum durch. Allein im letzten Jahr veröffentlichte der Autor unter dem Pseudonym Brandon Q. Morris zehn SciFi-Schinken, die bei mir teils hervorragend, teils mau abschnitten. Auf welche Seite gesellt sich Silent Sun? 

[Silent Sun hat Verbindungen zur Eismond-Reihe und The Hole. 
Ich würde euch empfehlen, diese Romane zuerst abzuschließen.]

[Meine Rezi kann und wird Ereignisse der oben genannten Romane spoilern, und sei es nur das Überleben einzelner Charaktere bis zu dieser Geschichte.]

[Eine Übersicht aller Roman und Rezis findet ihr unten.]

Weltraumpiraterie 2071: Das Geschäft mit dem Asteriodenbergbau 

Seit Monaten ist Weltraumpirat Artem mit seiner Hündin Sobatschka allein im All. Auf Bergbau-Asteroiden des sibirischen RB-Konzerns durchwühlt er den Abraum nach Seltenen Erden, noch bevor der erdnächste Punkt erreicht ist und die großen Transportschiffe die Ausbeute von 2,5 Jahren Bergbau mit einem einzigen Flug abholen. Viele Jahre hat er seine Hündin perfekt darauf trainiert, seinen Anweisungen zu folgen. Denn mit ihrem Raumanzug passt Sobatschka durch das für die Schabenroboter gebaute Rohrsystem. So gelangt sie in die Container, in denen die wertvolle Fracht lagert. Doch schon beim Anflug auf den letzten Asteroiden beschleicht ihn ein ungutes Gefühl. Irgendetwas läuft hier schief. 

Auf der Spur seltsamer Sonnenartefakte

Seit dem Tod seiner Frau vor 15 Jahren widmet sich der ehemalige Maschinenbau-Ingenieur Alain Petit ganz seiner Leidenschaft: der Astronomie. Da er in Paris wohnt, macht es ihm die Lichtverschmutzung fast unmöglich, seinem Hobby nachzugehen. Darum beteiligt er sich am Citizen-Science-Project: Über seinen Rechner empfängt Alain Daten von zahlreichen Sonden, die Astronomen von der Sonnenoberfläche sammelten. Zur Auswertung benötigt die Profis aber mehr Zeit, als ihnen zur Verfügung steht. Die Hilfe von Hobbyastronomen bei der Durchsicht der zahlreichen Bilder zur Erfassung von Sonnenflecken-Bewegungen ist daher gern gesehen, und verschafft Alain im Online-Ranking der aktivsten Sternengucker einen hohen Rang. Doch der wird unwichtig, als Alain wiederholt seltsame Streifen entdeckt. Was von den Profis erst als technische Fehler abgetan wird, findet bald ein offenes Ohr in der Presse: Könnte es sich um Artefakte einer fremden Zivilisation handeln, die sich längs des Äquators ausbreiten?

Mission zur Erkundung der Sonnenlinien: Rentner im Weltall?

Sollte es sich bei dem Artefakt tatsächlich um ein Bauwerk handeln, wirft dies zahlreiche Fragen auf: Welche Zivilisation hat es erbaut? Welchem Zweck dient es? Geht von ihm Gefahr für die Erde aus? Und vor allem: Kann die Menschheit es sich erlauben, das Artefakt nicht zu erforschen? Die Öffentlichkeit fordert Antworten! 

Bald stellt man eine Crew für die Mission zur Erkundung der Sonnenlinien zusammen. Neben Astronomin Heather Marshall, die mit der Freigabe der Originalbilder an Alain Petit diesen Skandal erst ins Rollen gebracht hat, werden JPL-Mitarbeiter Callis John sowie Franzose Alain Petit selbst und Amy Michaels, Kommandantin der Enceladus-Crew, auserwählt. Dass Amy mittlerweile sportliche 71 Jahre alt ist und Rentner Petit 73, und dass drei der vier Astronauten keinerlei Weltraumerfahrung haben, scheint in den 2070er Jahren keine Rolle mehr zu spielen. Drei Monate werden sie unterwegs sein. Ohne Vorbereitung stürzen sie sich ins Abenteuer. Stutzig werden sie erst, als man ihr Raumschiff mit einer Vielzahl an Waffen belädt. 

Zeitgleich versucht das auf Merkur stationierte Team des privaten RB-Konzerns (unter Leitung des Russen Dimitri Schostakowitch) schneller zu sein als das staatliche Raumfahrtprogramm der Erde. Die dort stationierte Crew bekommt einen Spezialauftrag und soll improvisieren: Ein Sonnenteleskop soll die Echtheit der Artefakte bestätigen, damit man mit Vorsprung ein Erkundungsteam dorthin entsenden kann. Aber was bezweckt der RB-Konzern damit? Was vermutet der Konzern, dort finden zu können? Ein gefährlicher Wettstreit im All beginnt. 

Raumfahrt 2071: Über Urlauber-Raketen, Asteroidenbergbau und Weltraumpiraterie

Wenn selbst rüstige Rentner, fast ohne Vorbereitung, an einer bemannten Mission gen Sonne teilnehmen können, dann muss sich in der Raumfahrt bis 2071 einiges getan haben. In einer futuristischen Welt, in der Roboter-Taxis an der Tagesordnung sind, kann man das auch erwarten. 

Die Arche ist die größte Raumstation, die die Erde je umkreist hat, mit 221 Menschen an Bord. Flüge zwischen Arche und Erde gibt es häufig, so gelangen nicht nur Astronauten, sondern auch Laien aus Wissenschaft und Forschung in den Orbit. Starts und Forschung in der Schwerelosigkeit sind dank Raketen-Recycling viel günstiger geworden, als sie es heutzutage noch sind. Die Starts von sog. „Urlauber-Raketen“, wie sie für die kommerziell bemannte Raumfahrt verwendet werden, sind unspektakulär. Kein Wunder also, dass die Station Ausgangspunkt der folgenden Mission wird. 

Weltraumreisen scheinen generell keine große Sache mehr zu sein. Fehlende Vorbereitung, Astronauten ohne Training und Erfahrung,- einer Einladung folgt der Start ins All bereits am nächsten Tag. Die Mission scheint eine sichere Sache. Und so wählt man die Crew vor allem werbewirksam aus. Amy Michaels ist seit den Enceladus-Missionen eine Heldin. Internationalität verleiht der Crew die Teilnahme des Hobbyastronomen Alain Petit aus Paris. Ergänzt wird dieses Team von Heather, die den Skandal lostrat, sowie dem afroamerikanischen NASA-Mitarbeiter Callis John. Zudem verfügt das Raumschiff, das ihnen zugeteilt wird, über eine neue Version von Watson. Was also kann man von dieser Laien-Crew erwarten? Welche Gefahren birgt der Flug? Und welche Konsequenzen könnte dieser vorschnelle Aufbruch für die Mission haben? Wo ist die Grenze zwischen Leicht- und Wahnsinn – und führt das nicht aufs Gleiche hinaus?

Fazit: Eigenständig, aber… lieber nicht zum Einstieg…

Ich bin mir nicht sicher, was Brandon Q. Morris dazu bewegte, zwei Rentner und einen Hund ins All zu schießen. Aber meine anfängliche Irritation wich im Laufe des Abenteuers einer (teils gleichgültigen) Akzeptanz. Von Seite zu Seite gewöhnt man sich ein wenig mehr an die Vorstellung, auch wenn Amy in meinem Kopf nicht wirklich gealtert ist. Mit Alains Gefühlswelt dagegen konnte ich überhaupt nichts anfangen. 

Doch zuerst zu den „Sternstunden“ des Romans: Lasst uns den Merkur erkunden! Wie fühlt sich ein Spaziergang auf dem Merkur an? Wie der Moment, wenn die Sonne sich rückwärts bewegt? Welche „Sehenswürdigkeiten“ gibt es dort zu bestaunen? (Nun gut, es sind nicht viele.) Dennoch: Diese Weltraumspaziergänge mit bezaubernder Aussicht sind auch im x-ten Roman meine Highlights. Dazu kommen zahlreiche detailliert geschilderte Betrachtungen der Sonne und ihrer Aktivität. Zum Träumen!

Zusammenspiel mit anderen Romanen:

Da ich alle älteren Eismond-, Proxima- und eigenständige Romane des Autoren gelesen habe, finde ich die vielen Anspielungen auf die Inhalte der Vorgänger toll. Es gibt mir das Gefühl, mich immer tiefer in ein Universum hineinzulesen und das Leben der Enceladus-Crew sowie die Machenschaften des RB-Konzern-Vorstands Dimitri Schostakowitch vollständig oder zumindest über einen sehr langen Zeitraum verfolgen zu können. Für Einsteiger in Brandon W. Morris´ Universum empfehle ich Silent Sun aber keinesfalls! Dazu gibt es zu viele Spoiler zu den Geschehnissen der Eismond-Reihe. Das gilt zum Teil allerdings auch für erfahrene Morris-Leser: Durch Amys Teilnahme an der Silent-Sun-Mission ist ihr Überleben in der zeitgleich fortlaufenden Eismond-Reihe gesichert, oder? Amy ist quasi unsterblich. (Allerdings habe ich „Jupiter“(Band 5) noch nicht gelesen. Wäre wahrscheinlich nicht schlimm, sollte die Eismond-Reihe oder Amys Karriere dort ein endgültiges Ende finden.)

Über Nanofabrikatoren:

Und natürlich gibt es in Silent Sun auch wieder die „Nanofabrikatoren“, das (von mir viel kritisierte) Zauberstab-Werkzeug aus der Proxima-Reihe, das gefühlt „alles aus allem“ herstellen kann. Aber während der „Zauberstab“ der Proxima-Reihe einen unschönen Fantasy-Charakter verlieh, setzt Brandon Q. Morris das Zaubertool hier sparsam ein: Die Fabrikatoren übernehmen lediglich Aufgaben, für die menschliche Arbeitskraft zu viel Zeit in Anspruch nehmen würde. Das beschleunigt die Story, hat aber keine Auswirkungen auf ihren sonstigen Verlauf. Problem gelöst! 

Silent Sun ist ein eigenständiger Roman, den ich dennoch nicht empfehlen kann, um in die Romane von Brandon Q. Morris einzusteigen. Vielmehr kann ich nur nochmals auf die Eismond-Reihe verweisen, die den besten Einstieg in dieses von Buch zu Buch weitergesponnene Universum bietet. Fans der Eismond-Reihe und weiteren Werken aus der Feder des Indie-Autoren wird auch Silent Sund verdammt viel Spaß bereiten. Weil er weiß, was er kann, und diese Stärken ausspielt. Und weil wir es lieben, den Weltraum zu erleben, wie derzeit nur Morris ihn schildern kann. 


[Alle Cover zu Amazon:]

Anm.: Wie üblich umfasst der Roman nur etwa 85% des eBooks. Im Anhang folgt noch „Die neue Biografie der Sonne“ sowie eine Leseprobe aus „The Hole“. Den üblichen Sachtext am Ende der Romane, in denen Brandon Q. Morris wissenschaftlichen Background liefert und von seiner Fantasie klar abgrenzt, mag ich noch immer. Aber er war definitiv schon mal anschaulicher. (Andererseits sind die Möglichkeiten bei der Sonne auch beschränkt.) Außerdem habe ich keinen blassen Schimmer, was ein „Schnipsgummi“ ist. #TeamLektorin


[Übersicht 1] Brandon Q. Morris: Eismond

1. Enceladus [Rezi: Band 1]
2. Titan [Rezi: Band 2]
3. Io [Rezi: Band 3]
4. Enceladus – Die Rückkehr [Rezi: Band 4]
5. Jupiter [Rezi folgt]

KG: Enceladus 0 [Rezi: Kurzgeschichte]

[Übersicht 2] Brandon Q. Morris: Proxima (Spinoff zu Eismond)

1. Proxima Rising [Rezi: Spinoff 1]
2. Proxima Dying [Rezi: Spinoff 2]
3. Proxima Dying [Rezi folgt]

[Übersicht 3] Brandon Q. Morris: Eigenständige Romane

The Hole [Rezi: Einzelroman 1]
Silent Sun [s.o.]

…und viele weitere Sachbücher & Romane unter seinem echten Namen Matthias Matting. 

[Alle Morris-Romane könnt ihr auch über die kindle-unlimited-Flatrate (bzw. die kindle-Leihbücherei) lesen.]

Silent Sun Book Cover Silent Sun
Brandon Q. Morris, Matthias Matting
Science Fiction
kindle Indie
18.05.2018
eBook
426

Verhält sich die Sonne anders als vergleichbare Sterne? Als Astronomen auf Teleskopbildern eine seltsame Entdeckung machen, scheinen sie eine Erklärung für das Rätsel der Sonne gefunden zu haben. Was genau es ist, kann jedoch nur eine erfahrene Crew herausfinden. Vier Menschen machen sich auf den Weg und wissen genau: Was vor ihnen liegt, ist nicht nur bedeutsam für die Vergangenheit, sondern vor allem auch für die Zukunft der gesamten Menschheit.