[Rezension] Aeneas Rooch: Rubbel die Katz oder wie man Wasser biegt
Rubbel die Katz oder wie man Wasser biegt – so lautet der vollständige Titel zum Sachbuch über die Alltagsphysik, was neulich bei mir eintrudelte. Dabei handelt es sich um ein schickes Büchlein, was sich an Neugierige und Einsteiger in Sachen Wissenschaft richtet.
Die Wunder des Alltags
Viele kleine Wunder sind für uns im Alltag selbstverständlich geworden. Auf Knopfdruck geht das Licht an, in die Cola gehören Eiswürfel und abends lassen wir auch mal die Sektkorken knallen. Unser Wetter, die Sterne und der Himmel beeindrucken uns längst nicht mehr. Rubbel die Katz wird das ändern.
Spektakuläre Experimente
Mit Hilfe von 29 Experimenten erklärt Aeneas Rooch, welche physikalischen Gesetze uns regelmäßig im Alltag begegnen. Fast alle Experimente sind leicht und gefahrlos zuhause nachzumachen. Meist braucht es nur ein Glas, etwas Milch und eine Taschenlampe, Eiswürfel, Teelichter oder div. alkoholische Getränke, um ein Experiment zu starten. Das Ergebnis ist erstaunlich, spektakulär oder regt zum Grübeln an.
Faktor Zufall?
Keine Sorge. Man kann die Experimente testen, aber man muss nicht. Nach kurzer Einleitung und dem Aufbau des Experiments wird auch geschildert, was (idealerweise) zu sein sein sollte. Denn seien wir ehrlich: Eine Küche ist kein Labor und eine Küchenwaage lassen nur wenige vom Profi eichen. Nachdem dies abgehakt ist, erklärt Aeneas Rooch nun also die Grundlagen. Was geschieht hier und wieso?
Science wie gebloggt – nur wahr!
Jedes neu angeschnittene Thema bekommt seine eigene Überschrift. Das gefällt Euch? Klar, schließlich seid ihr auf Blogs unterwegs. Dort ist das üblich. So kann man auch ein wenig vom Thema abweichen, ohne die Übersicht einzubüßen. Bei Rubbel die Katz hat das aber noch eine Extra-Funktion: Ihr könnt euch mit einer groben Antwort zufrieden geben, oder im Absatz „Wenn Sie es genau wissen wollen“ tiefer in die Materie einsteigen. Zuletzt wird unter “Wo finden wir das noch?” erklärt, welche Alltagserscheinungen denselben Gesetzen geschuldet sind.
Einzig das Stichwortverzeichnis im Anhang fehlt. Da sich im Laufe des Buches zeigt, dass manche Erscheinungen auf demselben Prinzip beruhen, wäre das sinnvoll gewesen. Darum habe ich das Inhaltsverzeichnis per DIY um Schlagwörter ergänzt.
Über Schokoladenseiten, Zuckertassen und Sektflaschen
„Meine Herausforderung ist, komplizierte Dinge so zu erklären und zu erzählen, dass Menschen sie verstehen, dass sie die Faszination nachempfinden und dass sie Spaß dabei haben. Hauptsache, es gibt etwas zu lernen oder zu lachen, am besten beides“, schreibt Aeneas Rooch auf seiner Website.
Aeneas Rooch hat ein Händchen für kurze und knackige Erklärungen. Als Radio- und Zeitungsmensch, Mathematiker und Physiker auf dem Papier und neugierig im Herzen, weiß er zu unterhalten und zu unterrichten. Diese Stärke spielt er hier auch ganz aus, die 223 Seiten lesen sich durchweg flüssig. Nur gegen Ende schienen sich die Experimente zu wiederholen. Hätte man nicht alle Kapitel zum Thema Sekt und Schampus zusammenfassen können, statt sie über das Buch zu verteilen?
Oldschool trifft Hightech
Das Experiment, was dem Buch seinen Titel verlieh, kannte ich übrigens aus meiner Schulzeit. Auch die Erklärungen zu Wetter und Himmel finden sich in nahezu jedem populärwissenschaftlichen Sachbuch.
Überrascht hat mich darum die Aktualität, mit der er über das Element Oganesson schreibt, was erst am 30.11.2016 seinen offiziellen Namen erhielt. Außerdem: Wie funktionieren Superabsorber in modernen Windeln? Oder der Touchscreen unserer Smartphones?
Für Eltern: Erst Held sein, dann feiern
Gern hätte ich das Buch allen Eltern empfohlen, nur glaube ich kaum, dass viele Eltern bereit sind, Bier-, Sekt- und Weinflaschen zu Forschungszwecken mit ihren Kindern zu köpfen. Und Cola statt Sekt in bester Formel-1-Manier zu versprühen, halte ich für keine gute Idee. Ich empfehle daher, die kinderfreundlichen Experimente mit euren Kids zu erkunden, und die Sektflaschen zu köpfen, wenn die Kleinen, geschafft von so viel neuer Erkenntnis, ins Bett gekippt sind.
Denn viele Fragen des Buches wird jedes Kind irgendwann stellen, und dann kommt die Sternstunde jedes Wissenschaftslesers: „Mama, Papa, warum ist der Himmel blau? Wieso schwimmen Eiswürfel oben? Und wie entstehen Blitze?“ Und Leute, wenn ihr dann einen Briefumschlag zückt, und wisst, wie ihr damit „Blitze to go“ erzeugt, habt ihr auf immer Heldenstatus!
Fazit: Rubbel die Katz oder wie ein Physiker den Alltag sieht
Rubbel die Katz ist ein populärwissenschaftliches Physikbuch, was das Genre nicht neu erfindet. Aber es macht Spaß und überzeugt durch unerwartete Aktualität. Es öffnet uns die Augen für die kleinen Wunder des Alltags und bewirkt so vor allem, dass wir die Welt um uns herum als Möchtegern-Physiker betrachten. Lass uns Physiker spielen – ist das Motto dieses Buches, und das kann tatsächlich und vor allem auch Erwachsenen Spaß machen. Auf Partys oder im Büro kann man sich mit kleinen Tricks sinnvoll unterhalten, und das ist es doch, worum es geht. Spaß und Lernen zu vereinen. Insofern hat das Buch alles richtig gemacht.
Etwas schade fand ich die Auswahl der Experimente, die zum einen gegen Ende etwas einseitig schien, zum anderen vom Anspruch her sehr schwankten. Zucker in Wasser auflösen ist vielleicht eher spannend für Kinder. Sektflaschen-Experimente sind anspruchsvoller, aber nichts für Kids. Insofern ist für jeden etwas dabei, aber nicht alles ist für jeden geeignet.
Medium meiner Wahl: Zum Taschenbuch
Hinter diesem komplizierten Titel verbirgt sich ein dünnes Taschenbuch in hochwertiger Verarbeitung, mit 223 mehrfarbig bedruckten Seiten. Die Illustrationen sind schlicht und fast künstlerisch. Ich war erstaunt. Dieses Büchlein macht schon richtig was her!
Vielen Dank an das Bloggerportal und Heyne für dieses Rezi-Exemplar!
Im Vergleich: 1001 Wege, möglichst cool das Wetter zu erklären
Sachbücher über die Alltagsphysik gibt es eine Menge. Wissenschaft einfach erklärt, das haben seit Harald Lesch eine Menge Physiker probiert. Und so ziemlich alle haben eins gemein: Am Anfang erklären sie das Wetter. Florian Freistetter erklärt in seinem Komet im Cocktailglas den Wind. What if? von Randall Munroe widmet den Blitzen gleich eine ganze Fragensammlung. Auch die Science Busters behandeln die Blitze in Gedankenlesen durch Schneckenstreicheln und gehen dort viel mehr in die Tiefe.
Wo also ist der Unterschied zwischen den Büchern? Alle Bücher haben ihre Nische für sich beansprucht. Freistetter erklärt aus der Sicht eines Astronomen, What if ist nerdig und extrem, umfasst außerdem Comiczeichnungen. Die Science Busters sind Wissenschaftskabarett und trauen sich locker bis in die Quantenphysik vorzustoßen.
Aeneas Rooch bricht alles auf das kleinste und simpelste Phänomen unseres Alltags herunter. Dabei bildet er von allen Büchern den einfachsten und grundlegendsten Einstieg in die Alltagsphysik. Damit spricht er die größtmögliche Zielgruppe an. Wer aber generell gern Bücher zu diesem Thema liest, der wird nicht viel Neues erfahren können.
Alltagsphysik, Sachbuch für Einsteiger
Heyne
13.02.2017
hochwertiges Taschenbuch
224
Wieso sind nasse Hosenbeine dunkler als trockene? Weshalb sind 40 Grad nicht doppelt so warm wie 20 Grad? Und warum können Bergsteiger keine Eier kochen? Wissenschaftlich fundiert und äußerst unterhaltsam geht Aeneas Rooch den Rätseln unseres Alltags auf den Grund. Und liefert Experimente zum Selbermachen und Angeben: So zeigt er, wie man Cappuccino singen lässt, eine Flasche Wein mit einem Schuh öffnet oder einen Wasserstrahl ablenkt (kleiner Tipp: hier kommt die Katze ins Spiel). Frisch und witzig – Physik mal anders!
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