café am rande der Welt john strelecky

Das Café am Rande der Welt von John Strelecky (ungekürztes Hörbuch)

café am rande der Welt john strelecky[Rezension] John Strelecky: Das Café am Rande der Welt: eine Erzählung über den Sinn des Lebens (ungekürztes Hörbuch)

Das Café am Rande der Welt von Strelecky ist ein „Roman“, der sich bereits seit Monaten auf der Spiegel-Bestsellerliste tummelt. Mittlerweile in doppelter Ausführung: Platz 1 und 4 der Sachbuch-TBs besetzen zum Zeitpunkt dieser Rezi das Café und seine Fortsetzung. Dabei umfasst das Büchlein gerade einmal 128 Seiten – oder als ungekürztes Hörbuch eine Laufzeit von 2 Std. 13 Min. Zudem steht es als Erzählung auf der Sachbuch-Liste und wird auch bei den Buchhandlungen als „Ratgeber: Psychologie“ bzw. „Business & Karriere: Motivation“ und sogar „Esoterik“ geführt. Für mich ein ziemlich krasser Sprung. Ich bin skeptisch.

Zuflucht am Rande der Welt

Um dem Alltagstrott zu entfliehen, beschließt Protagonist John zu reisen. Doch bereits in der Fahrt zum Urlaubsort steht er im Stau. Kurzerhand wendet er, um den Stau zu umfahren. Ohne Navi, Karte und Ersatzkanister merkt er bald: Der Ort, an den es ihn verschlagen hat, ist der einsamste Ort der Welt. Und als er vor Hunger kaum mehr denken kann und der Tank fast leer ist, sieht er ein einzelnes Licht am Ende des Highway: Das Café am Rande der Welt. 

Dort angekommen, stellt er fest, dass dieses Café auf vielfache Weise außergewöhnlich zu sein scheint. Bedienung Casey bringt ihm die Speisekarte, auf der seltsame Hinweise und Fragen abgedruckt sind. „Warum bist Du hier? Hast Du Angst vor dem Tod? Führst Du ein erfülltes Leben?“ steht dort, sowie die Warnung, sich vor der Beantwortung der Frage vom Personal über mögliche Konsequenzen für das weitere Leben beraten zu lassen. Es scheint, dieser Cafébesuch könne Johns Leben von Grund auf verändern. 

Was ist der Zweck Deiner Existenz? 

Im Folgenden stellt sich John den erwähnten Fragen. Kellnerin Casey, Koch & Besitzer Mike sowie Stammgast Anne, einst Führungskraft in der Werbeindustrie, haben zu jeder Frage eine Anekdote im „Es war einmal ein Fischer…“-Stil zu erzählen. Dabei dreht es sich meist darum, den eigenen ZDE (Zweck der Existenz) zu finden, Sorgen & Ängste über Bord zu werfen und sein Leben einfach zu genießen. Wieso verbringst du jeden Tag so viel Zeit mit Dingen, die dir keinen Spaß machen, wenn du in der Zeit Dinge tun könntest, die dich erfüllen?, fragt Casey. Und Mike gibt zu bedenken: Viele warten auf die Rente, um das Leben zu genießen, und vergessen dabei im Hier & Jetzt zu leben. – Das Problem, sagt Anne, ist unser falsches Glücksempfinden: Wir arbeiten, um Geld zu verdienen, um damit Dinge zu kaufen, die unseren Unmut über Job und Leben ausgleichen sollen, den wir nur haben, damit wir Geld verdienen, um uns Dinge zu kaufen…. Ein Teufelskreis! – Was aber, wenn unser Job uns ausfüllen und diese Verzweiflungskäufe unnötig machen könnte? So soll – wenn es nach dem Autor ginge – sich jeder auf die Suche nach seinem ZDE machen. Doch wenn jeder seinen persönlichen ZDE findet, ist dann für alle gesorgt? 

Wenn jeder an sich denkt, ist an alle gedacht? – Hoch lebe der Egoismus!

Wie sieht´s mit der Anwendbarkeit aus? Natürlich sollte jeder Mensch für sich allein entscheiden, welche Ziele er im Leben erreichen möchte. Aber es kann nun mal nicht jeder von diesen auf den nächsten Monat entscheiden, seiner Bestimmung zu folgen, und damit evtl. finanzielle Einbußen in Kauf zu nehmen. Was in der Theorie nach individueller Entscheidung klingt, hängt in der Realität stark von Umweltfaktoren, wie dem Familienstand oder Schulden, Ausbildungssituation oder sonstigen Verpflichtungen ab. Dass Autor John Strelecky mit seinem Protagonisten einen alleinstehenden, ohnehin gut verdienenden und unabhängigen Charakter mit perfektem Lebenslauf gewählt hat, machte zumindest ihm die Sache sehr leicht. 

Darum habe ich auch ein Problem damit, dieses Buch weiterzuempfehlen. Denn die Konsequenzen, die John im schlimmsten Fall zu tragen hat, sind wahrscheinlich kein Vergleich zu dem, was ein voll im Leben stehender Otto-Normalo vor die Wand fahren kann, wenn er sein Leben von jetzt auf gleich komplett ändert. Ehrlich gesagt, kenne ich wenige, die in ihrem Job dermaßen eingefahren sind und zeitgleich vollkommen unabhängig von anderen Menschen. Auch die Anekdote mit dem Fischer, der nur so viele Fische fängt, wie er benötigt und dafür lieber viel Zeit mit seiner Familie verbringt, empfinde ich kritisch. Natürlich ist es wichtig, die richtige Work-Life-Balance zu schaffen. Aber ein selbstbestimmtes Leben benötigt auch immer Vorsorge, sei es für den Krankheitsfall oder fürs Alter: Wenn jeder nur tut, was unbedingt nötig ist, um über den Tag zu kommen, dann schlägt jede Krise ohne Polster mit vollem Schaden zu. 

Und so frage ich mich, was ein Lebensratgeber wert ist, der nur im Hier & Jetzt abkassiert, und sich keine Gedanken ums „Happy End“ seiner Leser macht. Dazu kommt, dass im Anhang auf Life-Coaching-Seminare (ab 275€ p.P. – Jetzt auch in Deutschland!) verwiesen wird, was ich sehr befremdlich fand. 

Fazit: Für eine Werbebroschüre sehr ausführlich…

Das Café am Rande der Welt ist extrem kurzweilig: kaum angefangen, schon vorbei. Das ist schon mal nicht schlecht für eine Werbebroschüre. Dennoch mangelt es inhaltlich an jeder Ecke: Pragmatisch ließe sich die Handlung des gesamten Buchs so zusammenfassen: Protagonist findet das Café, frühstückt, quatscht mit der Bedienung und Gästen über den Sinn des Lebens und fährt wieder, mit dem Entschluss, sein Leben verändern zu wollen. Das ist selbst für 128 Seiten überraschend fad. 

Mit Sicherheit ist es sinnvoll, sein Leben von Zeit zu Zeit zu überdenken. Was erwarte ich von meinem Leben? Welche Gegenstände benötige ich wirklich – und wieso möchte ich manche Gegenstände besitzen, ohne sie zu brauchen? Wie kann ich in meinen Alltag mehr Zeit für mich einplanen? Das sind einige gute Denkansätze, die unseren Alltag wirklich verändern können. Denn Fakt ist: Die Werbebranche versteht ihren Job wirklich verdammt gut und suggeriert uns, nicht glücklich sein zu können ohne Statussymbole, Social-Media-Likes und jedem neuen Trend. Aber darauf könnte man doch selbst kommen?!

Fazit: Falls „Das Café am Rande der Welt“ euch suggeriert, Ihr könntet Euer Leben nicht ohne das Buch verändern, ist dies nur ein weiterer Trick der oberfiesen Werbebranche. 


Ein Buch, in dem aber auch jeder Satz tief und vielschichtig sein soll:
„Einmal großes Frühstück: (…). Gut, dass sie hungrig sind.“
„Ich weiß nicht, ob irgendjemand so viel Hunger haben kann.“, sagte ich.
„Sie werden sich wundern, John. Manchmal weiß man gar nicht, wie bereit man für etwas ist, das einen ausfüllt.“ – Kap. 7


[Übersicht] John Strelecky: Das Café am Rande der Welt

1. Das Café am Rande der Welt: eine Erzählung über den Sinn des Lebens (s.o)
2. Wiedersehen im Café am Rande der Welt: Eine inspirierende Reise zum eigenen Selbst

Tipp: Zum Zeitpunkt dieser Rezi ist das eBook teurer als das TB. 


[Hier geht´s zu meinen echten Sachbuch-Rezis.]

Das Café am Rande der Welt Book Cover Das Café am Rande der Welt
Big Five for Life 1
John Strelecky
Lebenshilfe-Ratgeber?!
John Strelecky & Friends GmbH
07.09.2016
ungekürztes Hörbuch
2 Stunden 13 Minuten

Ein kleines Café mitten im Nirgendwo wird zum Wendepunkt im Leben von John, einem Werbemanager, der stets in Eile ist. Eigentlich will er nur kurz Rast machen, doch dann entdeckt er auf der Speisekarte neben dem Menü des Tages drei Fragen: "Warum bist du hier? Hast du Angst vor dem Tod? Führst du ein erfülltes Leben?"
Wie seltsam - doch einmal neugierig geworden, will John mithilfe des Kochs, der Bedienung und eines Gastes dieses Geheimnis ergründen. Die Fragen nach dem Sinn des Lebens führen ihn gedanklich weit weg von seiner Vorstandsetage an die Meeresküste von Hawaii. Dabei verändert sich seine Einstellung zum Leben und zu seinen Beziehungen, und er erfährt, wie viel man von einer weisen grünen Meeresschildkröte lernen kann. So gerät diese Reise letztlich zu einer Reise zum eigenen Selbst.