Die unsichtbare Bibliothek von Genevieve Cogman

IMG_1468[Rezension] Genevieve Cogman: Die unsichtbare Bibliothek (Bibliothekare 1) oder „Literatur-Agenten im Steampunk-London“

Ich wurde von Amazon überredet, dieses Buch zu lesen. Monatelang bekomme ich nun Werbeanzeigen wie „Weil Sie Ben Aaronovitch lesen, gefällt Ihnen vielleicht auch…“ . Immer die gleichen Titel. Tagein, tagaus. Schließlich fiel mir das Buch in die Hände und ich gab ihm eine Chance. Nach wenigen Seiten war für mich klar: Mit Aaronovitch hat das nicht viel zu tun. Aber das war mir schnell schnurzpiepegal.

Unsichtbare Bibliothek – Jenseits von Raum und Zeit

Das Ziel der unsichtbaren Bibliothek ist es, außergewöhnliche Werke aus den Parallelwelten herauszuholen und außerhalb von Raum und Zeit aufzubewahren. Irene Winters ist Bibliothekarin. In feinster Agenten-Manier verschafft sie sich Zugang in fremde Welten und Bibliotheken, um eben diese Stücke zu „retten“. Dass sie dabei den ein oder anderen Ratscher abbekommt, stört sie kaum.

Sie schlüpft also in fremde Identitäten, kämpft gegen magische Wesen. Bewaffnet ist sie nur mit der Sprache, die allerdings einiges bewirkt: Die Welt nimmt Befehle von ihr an, Gegenstände fügen sich. Nicht zu vergessen ist Irenes neustes Ass im Ärmel: Als Lehrling wird ihr Kai zugeteilt, ein kleinkrimineller Straßenjunge aus einer technischen Magiewelt, der nach fünf Jahren Theoriestudium in der Bibliothek seinen ersten Fall antreten darf. Mit ihm muss sie ihren neusten Auftrag erledigen:

Im London der Parallelwelt B-395 befindet sich ein Originalmanuskript der Grimm´schen Märchen. Dass es sich um eine magisch aktive Welt handelt, die Gefahr läuft, von chaotischen Kräften verdorben zu werden, erfahren sie spät. Eine Wahl haben sie nicht: Sie müssen den Auftrag ausführen. In einem London zur Dampfmaschinenzeit treffen sie auf Vampire, Diebe und … Zeppeline der Weltmacht Liechtenstein? Orientierungslos stolpern sie mittenrein: in eine steampunkartige Welt, deren Regeln sie nicht kennen.

Nach und nach verfestigt sich der Eindruck, dass sowohl hinter der Bibliothek, als auch hinter Irenes neuem Gefährten mehr steckt, als geahnt. Zudem stellt sich ein mächtiger Gegenspieler in Irenes Weg: Alberich ist ein abtrünniger Bibliothekar, der sich der Chaosmagie angeschlossen hat. Und Irene? Die ermittelt a la Sherlock inmitten des Chaos.

„Es gab drei wesentliche Gründe, weshalb Bibliothekare in Parallelwelten hinausgeschickt wurden, um spezielle Bücher zu finden: weil ein bestimmtes Buch für einen Leitenden Bibliothekar wichtig war, weil ein bestimmtes Buch eine Auswirkung auf die Sprache haben würde oder weil ein bestimtes Buch spezifisch und einzigartig für seine Parallelwelt war. In letzterem Fall würde der Besitz des Buches die Verbindungen der Bibliothek zu dieser Welt verstärken.“ S. 28

Die Chaosverseuchung teilt Fantasy in Unter-Genre

Viel interessanter als der Plot ansich fand ich anfangs die Grundidee, das System, was dem Buch zugrunde liegt. Die Chaosverseuchung in Fantasy-Büchern kann man tatsächlich bestimmen, von leichter Urban Fantasy mit unscheinbarer Magie-Nische wie bei den Flüssen von London bishin zur High Fantasy mit Kobolden und Vampiren wie in den Chroniken vom Anbeginn, von technischer Magie wie im Thursday-Next-Universum bishin zur reinen Magie in Zauberschulen wie dem Magisterium. Das Chaos regulieren sollen Drachen, was in Last Days on Earth eher mäßig geklappt hat. Dennoch: In meinen Augen mach das System durchaus Sinn. Und ich weiß jetzt, dass ichs mit dem Chaos nicht so habe. Aber weitergedacht…

Verknüpfung aller Welten: Das Univerum und die unsichtbare Bibliothek

Das Universum der unsichtbaren Bibliothek ist damit eines, was alle Arten Fantasy miteinander verknüpft: Von magischem Steampunk über Urban Fantasy, von High Fantasy über Märchen und Sagen. Jede dieser Welten ist über die Bibliothek als simples Portal „jenseits von Raum und Zeit“ verknüpft. Allein die Möglichkeiten lassen mich schwärmen.

Denn unterm Strich bedeutet das: Von der Fortsetzung mit gleichen Charakteren kennen wir nicht einmal das Genre! Wer weiß, in welche Welt es die Bibliothekare das nächste Mal verschlägt? Für eine so vielseitige Idee wünsche ich mir eine mutige Autorin und einen noch viel mutigeren Verlag! Aber lässt es sich noch verkaufen, wenn man in die Extreme geht?

Zurück zum Thema: Steampunk

Jetzt habe ich mich verquatscht… Fakt ist, dass Genevieve Cogman bereit ist, Neues zu probieren. Während alternative Fantasyromane rumreden, kommt sie in ihren Dialogen immer schnell zur Sache. Das lässt die Dialoge anfangs hölzern wirken und aufgesetzt, schafft im Buch aber Platz für jede Menge Action. Leider finden sich dazwischen immer wieder eine Reihe langer, komplizierter Sätze. Das hätte man als fixer Autor irgendwie feiner hinkriegen können.

Das sind Kleinigkeiten. Die größte Stärke ist tatsächlich das grundlegende Prinzip hinter den Zeilen. Der größte Makel des Buches ist meiner Meinung nach, dass weit unter den Möglichkeiten gespielt wird: Du kündigst die unterschiedlichsten Welten an, liebe Autorin? – Dann zeig sie mir, bis ins kleinste Detail!

Innerhalb des Buches sind die Begriffe Bibliothek, Bibliothekar und Sprache fett gedruckt, wenn sie sich direkt auf die unsichtbare Bibliothek beziehen; andere Bibliotheken und Sprachen normal.

Grundsolider Fantasy-Detektiv-Roman, der einfach Spaß macht

Mir hat Die unsichtbare Bibliothek sehr viel Spaß gemacht. Innovative Ideen find ich immer klasse, dafür blieb der Plot unterm Strich etwas zu steampunkig braun-grau. Spannend war es auf jeden Fall, action- und konfliktreich, die Twists saßen, die Figuren bissen sich durch. Das Buch las ich „mal eben weg“ und merkte kaum, wie die Zeit verflog. Das ganz große Kino wars nicht, aber das erwarte ich dann in der Fortsetzung, die schon in einem Monat (Aug´16) erscheint.

Stern4


„Sie war eine Bibliothekarin, und der innigste, grundlegendste Teil ihres Lebens schloss die Liebe zu Büchern ein. Im Moment wollte sie nichts weiter, als den Rest der Welt auszuschließen und nicht zu haben, um das sie sich Gedanken machen musste – ausgenommen der nächsten Seite des Buches, das die gerade las, welches auch immer das sein mochte.“ S.272


[Übersicht] Cogman – Die Bibliothekare

1. Die unsichtbare Bibliothek
2. Die maskierte Stadt (12.08.2016)
3. Die flammende Welt (16.03.2017)

(oben: Amazon RefLinks)

Ab hier wird minimal gespoilert: Klappentexte

Hier noch der Klappentext des nächsten Bandes: Die maskierte Stadt
Irene Winters ist Agentin der unsichtbaren Bibliothek, die jenseits von Raum und Zeit als Tor zwischen den Welten existiert. Ihr Job ist es, einzigartige, ungewöhnliche oder rare Bücher für diese Bibliothek zu beschaffen. Sie hat gerade auf einer zwielichtigen Auktion einen seltenen Bram-Stoker-Text erworben, als sie und ihr Assistent Kai überfallen werden. Zu spät erkennt Irene, dass es nicht um das Buch, sondern um Kai geht. Er wird entführt, ohne dass Irene es verhindern kann. Die Spur der Verbrecher führt in ein dunkles Venedig des immerwährenden Karnevals. Ein Ort der Masken und Geheimnisse. Und des Todes …

Und der Klappentext von Band 3: Die flammende Welt
Irene und ihr Assistent Kai sind Agenten der unsichtbaren Bibliothek, in der es Zugänge zu den unterschiedlichsten Welten – und damit auch zu den seltensten Büchern – gibt. Ihr neuester Fall führt sie in ein alternatives Frankreich zu Revolutionszeiten. Ein gefährlicher Ort, um Bücher zu stehlen. Besonders, wenn plötzlich der magische Rückweg in die Bibliothek versperrt ist. Was erst wie ein Zufall erscheint, stellt sich als heimtückischer Angriff heraus. Ein Angriff, der die ganze Bibliothek zerstören könnte …

Weltenübersicht
1. Viktorianisches London im Steampunk
2. Düsteres Venedig des immerwährenden Karnevals
3. Alternatives Frankreich zu Revolutionszeiten

…to be hoffentlich continued…

Die unsichtbare Bibliothek Book Cover Die unsichtbare Bibliothek
Die Bibliothekare 1
Genevieve Cogman
Fantasy
Bastei Lübbe
10.12.2015
eBook
432

ALLES BEGINNT MIT EINEM BUCH ... Die unsichtbare Bibliothek - ein Ort jenseits von Raum und Zeit und ein Tor zu den unterschiedlichsten Welten. Hier werden einzigartige Bücher gesammelt und erforscht, nachdem Bibliothekare im Außendienst sie beschafft haben. Irene Winters ist eine von ihnen. Ihr aktueller Auftrag führt sie in ein viktorianisches London, wo eine seltene Version der Grimm’schen Märchen aufgetaucht ist. Doch was als einfacher Einsatz beginnt, wird nur allzu schnell ein tödliches Abenteuer, denn Irene ist nicht die Einzige, die hinter dem Buch her ist. Und die anderen Interessenten gehen über Leichen, um zu bekommen, was sie wollen ...

3 Gedanken zu „Die unsichtbare Bibliothek von Genevieve Cogman“

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