[Rezension] Ursula Poznanski: Die Verratenen (Eleria-Trilogie 1) : Eine Maskeradenball – Dystopie
Die Eleria-Trilogie von Ursula Poznanski ist eine Dystopie-Trilogie für Jugendliche und Erwachsene. Sie spielt in einer weit entfernten Zukunft in Neu-Deutschland, in der Zeit nach der Langen Nacht; drei Bände lang werden wir Zeit haben herauszufinden, was es damit auf sich hat.
Weitere Jugendbücher von Frau Poznanski sind Erebos, Saeculum und Layers; allesamt klingen spannend. Doch die Verratenen klingt nach Einöde, Einsamkeit, Verzweiflung und Intrigen. Erst hier bin ich neugierig geworden.
Neu-Deutschland: Sphären und Clans
Sphären heißen die abgeschotteten Glaskuppeln der Forscher in den Städten. Ihre Bewohner sind privilegiert, verwalten Wissen zu Gunsten der Menschheit mit dem Ziel, erneut eine ganzheitliche Zivilisation zu begründen und die Menschheit zu vereinen – irgendwann.
Außerhalb der Sphären leben nämlich Clans, in dem vom Schnee bedeckten Brachland, was der Ausbruch hinterließ. Unter Hunger und Kälte leidend überfallen die Transporte und Expeditionen des Sphärenbundes. Doch sie zu schützen ist die Pflicht des Sphärenbundes – und ihnen zu helfen ihre Prämisse.
„Ihr nennt sie Prims, aber sie sind nicht primitiv, sondern der Welt in ihrer ganzen Härte ausgeliefert. (…) Es ist nicht leicht, fair zu sein, wenn man verhungert oder erfriert.“
Akademie und Reihung
Eleria, genannt Ria, wohnt in der Sphäre mit der größten Akademie des Sphärenbundes. Hier wird die Elite ausgebildet: Ihre Stärke ist die Kommunikation – Reden, Überzeugen, Schlichten… Menschen lesen. Sie ist Nummer 7. Ihr Freund Aureljo ist Platz 1 der akademieinternen Reihung, was bedeutet: Das größte Talent und zukünftiger Präsident des Sphärenbundes. Dazu wurde er ausgebildet und chirurgisch optimiert. Dafür lebt er; dafür leben alle Studenten.
Emotionen zu zeigen lernen sie wie Vokabeln, ihre Gesundheit wird stets überwacht: Salvator heißt das elektrische Armband, was die Gesundheit und Ernährung der Sphärenbewohner auswertet und Abweichungen sofort ans Medcenter überträgt.
Eltern hat hier niemand, nur einige Arbeiter wohnen mit ihren Familien zusammen. „Leibliche Eltern seien keine guten Erzieher, heißt es.“ Und so unterscheidet man Arbeiter und Wissenschaftler, und unter den Studenten Vitros (Reagenzglaskinder) und Findelkinder, die Clanmütter aussetzten.
Die Verratenen – Ein Irrtum?
Dann bricht ihre heile Welt zusammen: Eine Verschwörung soll es innerhalb der Akademie geben, so gewaltig, dass ihr der Sphärenbund zum Opfer fallen könnte. Sechs Studenten sollen eingeweiht sein, darunter fallen auch ihre – Rias, Tommas, Aureljos – Nummern. Sie werden jetzt gejagt. Ist die Verschwörung selbst eine Intrige innerhalb der Reihung, oder ein schrecklicher Irrtum?
Die Paranoia beginnt… Und plötzlich ist nichts, wie es mal war. Welche Rolle spielt der Sentinel ohne Farbkennung? Wie in jeder guten Dystopie bröckelt langsam die Fassade, bis schließlich eine zweite Wahrheit erscheint, die niemandem gefällt. Und alles, was bleibt, ist die Angst: Was, wenn es tatsächlich einen Verräter gibt?
Dystopie – Chars – Wahrheit
„Ich schließe die Augen und stelle mir vor, mein Haar wäre nass vom Regen. Ob ein Regenguss sich wie eine Dusche anfühlt?“ (Kap.3)
Frau Poznanski entführt uns in eine Welt voller Kontraste: Innerhalb der Sphäre haben wir die reine Idylle, außerhalb Hunger, Dreck und Tod. Wer Fallout 4 gespielt hat, den erinnert das vielleicht ans Institut.
Die Dystopie ist gut durchdacht und detailliert beschrieben, jede Wendung unvorhersehbar, jede Wahrheit verständlich.
Die vielen wundervoll geschilderten Ersteindrücke der Sphärenbewohner wie die ersten Sonnenstrahlen, der erste Regen unter freiem Himmel, bewirkten bei mir den sonst nur bei Gaarder erlebten Brainreset: Die Welt scheint danach etwas bunter, und du etwas freier zu sein. Die Dystopie lebt von nachdenklicher Ruhe und plötzlichen Twists, nicht von überladener Action. Die Schilderungen des Alltags nach der Flucht hätten aber ruhig kürzer ausfallen können! Und: „Lieblinge“ hätte den Preis als Unwort des Jahres verdient.
Mein Highlight ist aber der Blick durch Rias Augen: Sie liest Gesten, Mimik, Haltung. Sie beobachtet haarklein jede Bewegung. In Dialogen scheint die Zeit stillzustehen: Jeder Augenblick ist Spannung, jede Spannung ein Zeichen, jedes Zeichen gedeutet. Schlagfertig ist Ria, das ist ihr Talent. Aber vor allem auch vorsichtig, klug und menschlich. Zu Aureljo führt sie eine erwachsene Beziehung, keine Teenromanze.
Und so ist es bei jedem der Studenten: Sie alle sind klug, misstrauisch, machen eine große Entwicklung durch. Sie bewältigen die neue Situation auf ihre Weise – und stoßen an ihre physischen und psychischen Grenzen.
Vor allem aber sind sie furchtbar clever – und so ist das Buch: Clevere Dialoge, gut durchdachte Twists, allgegenwärtiges Misstrauen und tiefe Einblicke in die Verhaltenspsychologie des Menschen. Ein Highlight folgt dem nächsten und dann ist es plötzlich vorbei (und du tauchst auf und siehst, dass du im Bus sitzt und schon vor zwei Haltestellen hättest aussteigen müssen). Und ich will mehr!
PS. Rias Salvador-Rätsel ist lösbar.
Thematisch erinnerte mich das Buch an „Nachtsonne 1 – Flucht ins Feuerland“ von Laura Newman, was ich nicht mochte.
Eine gute Teen-Dystopie ist „The 100“ von Kass Morgan. Aber lasst bloß die Finger von der TV-Serie!
[Übersicht] Ursula Poznanski: Eleria-Trilogie
Eleria-Trilogie 1
SciFi Dystopie
Loewe
01.06.2013
eBook
464
Sie ist beliebt, privilegiert und talentiert. Sie ist Teil eines Systems, das sie schützt und versorgt. Und sie hat eine glänzende Zukunft vor sich - Rias Leben könnte nicht besser sein.
Doch dann wendet sich das Blatt: Mit einem Mal sieht sich Ria einer ihr feindlich gesinnten Welt gegenüber und muss ums Überleben kämpfen. Es beginnt ein Versteckspiel und eine atemlose Flucht durch eine karge, verwaiste Landschaft.
Verzweifelt sucht Ria nach einer Erklärung, warum ihre Existenz plötzlich in Trümmern liegt. Doch sie kann niemandem mehr vertrauen, sie ist ganz auf sich allein gestellt.
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