[Rezension] Charlie N. Holmberg: Der Plastikmagier (Papiermagier 4)
Der Plastikmagier heißt der vierte Band der Papiermagier-Reihe der Amerikanerin Charlie N. Holmberg. Ganz richtig ist das nicht; der Roman erschien bisher nur auf Englisch unter The Plastic Magician. Da Disney im vorletzten Jahr die Filmrechte zu der Fantasy-Reihe kaufte, gehe ich aber davon aus, dass das Buch auf Deutsch erscheinen wird.
Obwohl Der Plastikmagier der vierte Band der Papiermagier-Reihe ist, könnt ihr auch ohne Vorkenntnisse hier einsteigen: Unsere Protagonistin Alvie ist ein neues Gesicht in der 1900er Magieschulwelt. Besser wäre jedoch, ihr startet von vorn:
[Zur Rezi: Der Papiermagier von Charlie N. Holmberg]
Alvie erforscht die Plastikmagie
Alvie Brechenmacher lebt in Columbus, USA, und hegt seit frühster Kindheit den Traum, Magierin zu werden. Besonders fasziniert ist sie von der neusten Disziplin der Magie: Der nahezu unerforschten Plastikmagie. Denn als menschgemachtes Material ist Plastik 1905 im Vergleich zu Papier und Glas ein neuwertiger Rohstoff, den es zu beherrschen gilt. Wenige Magier trauten sich bisher an das Material. Und so erstaunt es nicht, dass Alvie Kompromisse machen muss, um ihren Traum zu verwirklichen.
Denn als sich ihr die Chance bietet, die Ausbildung zur Plastikmagierin zu beginnen, schickt man sie zu einem der Vorreiter der Disziplin. Mag. Praff lebt mit seiner Familie in England.
Rivalität unter den Pionieren der Plastikmagie
Natürlich stürzt sich Alvie als zielstrebiges und technisch interessiertes Mädchen ins neue Abenteuer und lernt bald die Vorzüge und Probleme der neuen Disziplin kennen: Als Pioniere versuchen die Magier bahnbrechende Erfindungen auf der Weltausstellung zu präsentieren, – ein Wettkampf gegen die Zeit, der starke Rivalen schafft. Dabei gehen ihrem Lehrer schnell die Ideen aus: Wie könnte Plastik die Welt bereichern?
Bei ihrem obligatorischen Freiwilligendienst im Krankenhaus lernt Alvie das Mädchen Ethel kennen, die vor kurzem ihre Hand einbüßte. Könnte man eine Prothese aus Plastik magisch beleben, um eine Hand lebensnah zu ersetzen?
Kurze Zeit nach dem Entschluss, das Projekt zu starten, kommt es zu Einbrüchen in den Werkstätten der rivalisierenden Magiern der Stadt. Außerdem lernt Alvie Ethels Bruder kennen, den jungen Papiermagier Bennet. Es scheint, England wird das Abenteuer ihres Lebens zu werden.
Warum Alvie es drauf hat…
Alvie ersetzt als neue Protagonistin der Reihe die von mir sehr geliebte Papiermagierin Ceony. Wie bereits Ceony ist Alvie ein zielstrebiges Mädchen, das bereit ist, für seinen Traum der Magie alles zu geben. Ihr Ehrgeiz lässt sie ihr alltägliches Leben oft vergessen. Ihre Eigenschaften sind neben der Naivität, die mich auch bei Ceony manchmal aufregte, auch ihre Begeisterung für Technik, Maschinen, Autos. Dem entgegen steht ihre gefühlt seitenlange Unsicherheit, ob es für eine Frau okay ist, eine Hose zu tragen. Insofern hat Alvie sich selbst noch nicht gefunden.
Tatsächlich ist sie selbst ihr größter Feind, während ihr Umfeld durchweg begeistert ist. Als Mag. Praffs Muse entfacht sie die Kreativität des alten Magiers neu. Und für Bennet scheint es auch okay zu sein, für die Magie wortlos versetzt zu werden. Und dem Erzrivalen Mg. Ezzell ist sie ein Dorn im Auge – warum auch immer.
Was kann die Plastikmagie? Praktisch, aber wenig zauberhaft.
Während die Papiermagie Origami-Kraniche zum Postboten belebt, Glasmagier durch Spiegel reisen und mit magischen Lichtern die Welt erhellen, kann Mg. Praff aus Plastik besonders leichte Brillengläser herstellen. Ihr merkt, Plastik lädt als magische Disziplin nicht gerade zum träumen ein. Aber das passt zur praktisch veranlagten Alvie: Romantik, schöne Kleidern und pompöse Hochsteckfrisuren sind einfach nicht ihr Ding.
Eher farblos erstreckt sich die Revolution der Magie daher auf technischen Fortschritt. Im Krankenhaus dient Plastik der Hygiene. Das Vakuum erschaffende Material kann helfen, Vorräte und Nahrung haltbar aufzubewahren. Und zwischen den Zeilen sieht man manchmal die Möglichkeiten: Ein Projektor aus Plastik: leicht, flexibel und stabil. Aber würde diese Erfindung sich nicht besser für die Glasmagie eignen?
Dennoch mochte der Funke zur „zauberhaften Plastikmagie“ bei mir nicht überspringen. Schließlich leben wir in einer Welt, in der Plastik durch die inflationäre Nutzung und aktuelle Umweltdebatte (zu recht) negativ behaftet ist. Sollten wir nicht alle Plastik meiden, wo es geht?
Eating „bratwurst“ und „Wiener schnitzel“
Dazu kommen nie endende Versuche der Autorin, die deutschen Wurzeln ihrer amerikanischen Protagonistin zu betonen. Alvie Brechenmacher soll ein typisch deutscher Name sein – und was isst man bei den Brechenmachers daheim? Richtig: „bratwurst and Wiener schnitzel“. Es nervt.
Fazit: Ein schwacher Versuch, die Trilogie fortzuführen
Der Plastikmagier ist kein schlechtes Buch, aber es kommt auch bei Weitem nicht an den Biss und das zauberhaft-grausame Kontrastspiel der hervorragenden drei Vorgänger-Bände heran. Sowohl Protagonisten als auch Settings und Magieart der Trilogie spielen keinerlei Rolle. Der Plastikmagier hat weit weniger mit seinen Vorgängern zu tun als Phantastische Tierwesen mit Harry Potter. – Insofern sehe ich den Plastikmagier nicht als Fortsetzung der Serie. Die Papiermagier-Trilogie ist für mich mit „Der Meistermagier“ würdig abgeschlossen.
Plastik ist praktisch, aber nicht schön. Überhaupt gibt es wenige Erfindungen, die man nicht aus einem anderen Material besser, schöner, hochwertiger herstellen könnte. Ich hatte das Gefühl, dass auch Charlie N. Holmberg nicht so viel zu dem neuen Magie-Material einfiel. Denn Plastik eignet sich weder als Waffe, noch zur Verteidigung. Schade.
Als riesiger Fan der Reihe bin ich leider enttäuscht.
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[Reihenübersicht] Charlie N. Holmberg: Papiermagier
1. Der Papiermagier [Rezi]
2. Der Glasmagier [Rezi]
3. Der Meistermagier [Rezi]
4. Der Plastikmagier (nur auf englisch: The Plastic Magician)
Zum Zeitpunkt dieser Rezi sind die Romane in der kindle unlimited Flatrate von Amazon (Was ist das?) enthalten.
Der Plastikmagier
Papiermagier 4
Fantasy um 1900
47North
15.05.2018
Taschenbuch
235
Alvie Brechenmacher has arrived in London to begin her training in Polymaking—the magical discipline of bespelling plastic. Polymaking is the newest form of magic, and in a field where there is so much left to learn, every Polymaker dreams of making the next big discovery.
Even though she is only an apprentice, Alvie is an inventor at heart, and she is determined to make as many discoveries—in as short a time frame—as she can. Luckily for her, she’s studying under the world-renowned magician Marion Praff, who is just as dedicated as Alvie is.
Alvie’s enthusiasm reinvigorates her mentor’s work, and together they create a device that could forever change Polymaking—and the world. But when a rival learns of their plans, he conspires to steal their invention and take the credit for it himself.
To thwart him, Alvie will need to think one step ahead. For in the high-stakes world of magical discovery, not everyone plays fair…