V.E. Schwab – Vier Farben der Magie – Weltenwanderer 1

Vier Farben der Magie Weltenwanderer V.E. Schwab [Rezension] V.E. Schwab – Vier Farben der Magie (Weltenwanderer 1)

Vier Farben der Magie von V.E. Schwab liegt (ungelogen) seit Jahren im englischen Original als „A Darker Shade of Magic“ auf meinem eReader. Aufmerksam wurde ich auf den Roman, weil Amazon ihn mir permanent als „ähnlich wie Aaronovitch“ einblendete, was über Monate irgendwann Wirkung zeigte. (Sind wir nicht alle Werbeopfer, früher oder später?) Als der Roman dann endlich bei Fischer auf Deutsch erschien, war ich auf einem Science-Fiction-Trip, den ich nicht abbrechen wollte. Nun ist der dritte Band der Weltenwanderer-Reihe von V.E. Schwab ist gerade erschienen. Für mich höchste Zeit, die Abenteuer von Kell und Lila nachzuholen, – vorausgesetzt, Band 1 kann mich begeistern… 

Meine Rezi bezieht sich auf das ungekürzte Hörbuch aus dem Argon Verlag mit einer Spielzeit von 12:51 Stunden, sehr gut gesprochen von Peter Lontzek. 

Vielfarbiges London: Für Weltenwanderer

„Es gibt vier Farben der Magie: Im Roten London befindet sie sich im Gleichgewicht mit dem Leben. Im Weißen wird die Magie versklavt, kontrolliert, unterdrückt. Dem Grauen London ist sie fast abhandengekommen. Und im Schwarzen London hat sie das Leben selbst vertilgt.“ – Klappentext

Kell ist einer der letzten Antari, ein Zauberer, der mit Hilfe von Blutmagie Türen in andere Welten öffnen kann. Verbündete seiner Art sind wertvoll, und so gehört er dem Königshaus des roten London an, wo er alle Annehmlichkeiten des adeligen Lebens genießt und dem Prinzen Rhy nahezu gleichgestellt ist. Seine Missionen führen ihn in die Königshäuser der drei London: dem roten, dem weißen und grauen London, in die er Botschaften überbringt. Nebenbei verdient er sich Ruhm als Schmuggler für Artefakte zwischen den Welten, einem streng geahndeten Tabu, welches er aus purem Nervenkitzel betreibt. 

Lila Bart ist Taschendiebin im magielosen grauen London mit dem Traum, eine große Piratin zu werden. Stets bewaffnet ist die Gosse der Hafenstadt ihr Revier, wo sie täglich ums Überleben kämpft. Ihr Leben ändert sich, als sie eines nachts aus den Taschen eines Fremden einen schwarzen Stein fischt. Denn dieses unscheinbare Artefakt, so stellt sich heraus, verfügt über eine unvorstellbar starke Kraft. Eine Kraft, die auch sie nutzen kann, bei der Erfüllung ihres Traumes, Bedeutung zu erlangen. 

Auf der Flucht durch die Tore der Welten

Es kommt, wie es kommen muss, und so ist der Fremde, aus dessen Taschen Diebin Lila das Artefakt stiehlt, natürlich niemand anderes als Schmuggler Kell. Nachdem kurzem Showdown bemerken sie, dass nicht nur sie um die Macht des Steins buhlen, sondern auch fiese Bösewichte wie die sadistische Weiße Krone nach dem Zauberartefakt gieren, und dazu Kells Gegenspieler, den zweiten Antari Holland, auf den Stein ansetzen. 

Das Schurkenpaar Kell und Lila sehen keinen anderen Ausweg, als die Flucht durch die Tore zwischen den Welten. Doch sollte der Stein mächtig genug sein, um Nicht-Magier zwischen den Welten passieren lassen, ist er dann auch in der Lage, die Mauern zwischen den Welten gänzlich einzureißen? Was tut man mit einem Artefakt von unberechenbarer Macht? Wo versteckt man es, wenn es nicht zu zerstören ist? Und werden Kell und Lila es schaffen, der Macht zu widerstehen? 

Weltenkunde für Anfänger

»Immer wenn Kell ein London verließ und ein anderes betrat, zog er als Erstes seinen Mantel aus und wendete ihn ein-, zwei- oder bisweilen sogar dreimal, bis er die Seite fand, die er gerade brauchte.« (Der Anfang)

In Vier Farben der Magie gibt es eine Menge zu entdecken, insbesondere die verschiedenen Welten verfügen über eine ganz eigene Dynamik. 

Lilas Überlebenskampf im Hafenviertel des grauen London spiegelt ein Leben in Armut wieder. In einer Welt ohne Magie ist die mächtigste Waffe einer Frau ihr Körper, ihre Verkleidung und kleine Waffen, die niemand sieht. Die Gosse ist grausam zu denen, die ihr nicht entfliehen können. Und so träumt Lila von der Möglichkeit zur Flucht, doch dazu bräuchte sie in ihrer Position ein Wunder. 

Wunder geschehen, doch tun sie es am märchenhaften Hof des roten London, wo das Königspaar mit den zwei Prinzen am adeligen Hofe ein gar märchenhaftes Leben führt. Zahlreiche bunte Feste und Bälle unterhalten das Volk und bescheren allen Einwohnern ein Leben voller Magie. Wer hier geboren wurde, der kennt Magie als Teil seines Alltags. Ein wahrlich wundervolles Leben. 

Und dennoch hat Lila es – objektiv gesehen – noch ganz gut getroffen. Denn im weißen London führt das herrschende Geschwisterpaar ein gewaltvolles Regime, das nur auf Ausbau seiner Macht ausgerichtet ist. Und aus dem schwarzen London ist seit Jahren keinerlei Status bekannt. Man vermutet, es kollabierte unter seiner Magie. Doch woher stammt dann die Macht des Steins? 

Schnöde Background-Stories: Die dunkle Finsternis in der schwarzen Seele des Bösewichts

Etwas schade fand ich die „Schwarz-weiß-Zeichnung“ der Charaktere, erwartete ich beim Titel doch Vielfalt in allen Bereichen. Doch die Protagonisten kamen mir enttäuschend bekannt vor. Lila Bart als eigensinniges und trotziges Mädchen, das sich als schlacksiger Junge verkleidet als Taschendieb durch die Nacht in der Gosse schlägt, habe ich ähnlich (z.B. Hope aus Empires of Storms, die sogar Piratin wird) schon einige Male gelesen. Lila weiß, was sie will, und sie weiß sich zu wehren. Auch schade fand ich, dass Kell und Holland über weite Teile des Romans eben nur gut bzw. schlecht charakterisiert werden. Ihre Vergangenheit wird zwar beleuchtet, aber auch hier bleibt es ziemlich flach und wenig einfallsreich: Hollands „Eigentümer“ sind böse Sadisten, es floss viel Blut… aber sowas zieht mich nicht durch die Story. Mir fehlten Lichtblicke im Dunklen und wirkliche Finsternis in Kells Strahlemann-Leben. 

Fazit: Unspektakuläres Fantasy-Abenteuer, das sich schnell durchliest 

Vier Farben der Magie hat mit Ben Aaronovitchs Flüssen von London nichts gemein außer der Existenz von etwas wie „Magie“, aber das trifft wohl auf die meisten Fantasy-Bücher zu. Hauptschauplatz ist natürlich London, allerdings fühlt sich das in Schwabs Universum beschriebene London insbesondere aufgrund des Fokus auf die Königshäuser der Stadt sehr alt an. Ein Maskenball und pompöse Ballkleider sowie das Buhlen um die Gunst des Prinzen im roten London runden die Sache ab: Wir befinden uns in einem London mit viktorianischem Flair, das keinerlei Moderne zeigt. 

Auch die handelnden Personen habe ich auf diese Weise schon zuhauf gelesen: Der Bösewicht, der einfach böse ist, um böse zu sein. Das Mädchen, das sich als Junge verkleidet um zu kämpfen. Ein Königsspross auf Abwegen. Für mich fühlt sich das nach Schwarz-Weiß-Zeichnung an, tiefe Charakterentwicklung: Fehlanzeige. Und dennoch darf ich hier vielleicht nicht so hart ins Gericht gehen: Nur weil ich das schon zig Male woanders gelesen habe, muss es ja nicht schlecht sein. 

Und das stimmt. Vier Farben der Magie ist ein unterhaltsames Weltreisen durch die unterschiedlich gefärbten London, die nur eins gemeinsam haben: Sie bleiben ziemlich farblos. Wer ein buntes – oder gar modernes Abenteuer erwartet, der wird leider enttäuscht. 


[Übersicht] V.E. Schwab: Weltenwanderer-Trilogie

1. Vier Farben der Magie (27.04.17)
2. Verzauberung der Schatten (23.11.17)
3. Beschwörung des Lichts (25.04.18)

Die Taschenbücher sind im Fischer Verlag erschienen und umfassen 496 bis 720 Seiten.

Vier Farben der Magie Book Cover Vier Farben der Magie
Weltenwanderer 1
V.E. Schwab
Fantasy
Argon Hörbuch
31.05.2017
Ungekürztes Hörbuch
12 Std. 51 Min.

Magie, Intrigen, Täuschung, Abenteuer – und Piraten. »Die Beschwörung des Lichts« von V.E. Schwab ist das große Finale der Weltenwanderer-Trilogie um die vier unterschiedlichen Versionen von London.
»Wie tötet man einen Gott?« Diese Frage stellen sich Lila und Kell, als die Dunkelheit ihre Heimat, das Rote London, erfasst. Osaron, die finsterste Ausgeburt des Schwarzen London, hat in kurzer Zeit die Macht in der Stadt an sich gerissen. Und er möchte vor allem eins: verehrt werden. Selbst die stärksten Magier des Reiches kommen nicht gegen ihn an, also schmieden Kell und Lila einen verzweifelten Plan. Zusammen mit dem von seiner Familie verstoßenen Piraten Emery Alucard und dem zwielichtigen Antari Holland machen sie sich auf die Suche nach einem magischen Artefakt, das selbst Osaron in die Schranken weisen kann.