[Rezension] Brandon Q. Morris: Enceladus (Eismond-Serie 1) – Life Search auf Saturns Eismond
Enceladus ist der Debüt-Roman des Physikers Brandon Q. Morris, der auf seinem SciFi-Blog hardsf.de regelmäßig über Neues und Interessantes aus dem Weltall berichtet. Seit Januar 2017 sind mittlerweile drei Bände der Eismond-Serie erschienen. Genremäßig bewegt sich der Roman im Hard-SciFi-Bereich mit Erstkontakt-Thematik. Für mich – wie bei jedem Erstkontakt – „dünnes Eis“.
Life Search auf Enceladus
2046. Fünfzehn Jahre nachdem die Sonde ELF, Enceladus Life Finder, Anzeichen von Leben auf dem eisbedeckten Saturnmond fand, startet ein bemanntes Raumschiff auf die 1,2 Milliarden Kilometer weite Reise, um im Eis Bohrungen vorzunehmen. Die internationale Crew rund um Neuling und Programmierer Martin benötigt allein 27 Monate, um den Saturnmond zu erreichen. Neben den sechs Astronauten befindet sich an Bord des 80-Milliarden-Dollar-Projekts ILSE auch der Hightech-Eisbohrer Valkyrie und zwei KIs: Apples Siri und IBMs Watson. Für das Projekt, auf das die Welt gespannt blickt, wurden keine Kosten und Mühen gescheut. Doch der Schwachpunkt der Mission bleibt immer die menschliche Besatzung.
“Wir stellen keine Astronauten ein, Mister Neumaier, wir machen welche.” – Pos. 1196
Psychologie einer riskanten Mission
Gibt es außerirdisches Leben auf dem Eismond des Saturn? Eine weltweite Euphorie schwappt durch die Menschheit. Davon begünstigt: Die NASA und sämtliche Geldgeber, die nun von einer raschen Planung der Mission profitieren. Denn Presse ist Aufmerksamkeit ist Förderung. So schnell es geht, werden Technik und Mensch auf die Mission vorbereitet; kein Wunder, dass dabei so manches auf der Strecke bleibt. Dazu kommt, dass über die Zielregion zu wenig bekannt ist: Es mangelt an präzisen Daten. Bald muss die Crew sich den Fragen stellen: War es die richtige Entscheidung, zu dieser rasanten Mission aufzubrechen? Und was sind sie bereit zu riskieren, um die Neugier der Menschheit zu befriedigen?
Enceladus: Ein Eismond mit Tücken
Auf Enceladus herrschen lebensfeindliche Bedingungen. Den Saturnmond umhüllt ein dicker Eispanzer, die Crew muss mit Temperaturen bis zu -200 Grad Celsius rechnen. Kein Wunder also, dass die Probebohrungen zur Mission in der Antarktis stattfanden. Doch bereits dort gab es technische Schwierigkeiten. Die Technik, die für die Mission erforderlich ist, scheint noch immer unausgereift. Brandon Q. Morris beschreibt die Vorbereitung auf die Mission sowie die Ausführung und bereichert alle Parts mit interessantem Know-how aus der Wissenschaft.
Besonders gefiel mir, wie konsequent Brandon Q. Morris die Crew der ILSE mit ihren menschlichen Schwächen konfrontierte. Mehr als einmal muss Kommandantin Amy innerhalb von Sekunden schwerwiegende Entscheidungen treffen, welche ihr persönlich und auch dem Team große Opfer abverlangen. Jeder riskiert dort für seine Kollegen sein Leben. Die Crew befindet sich bereits kurz nach Start in einer Ausnahmesituation, die verlangt, eventuell über Leichen zu gehen, um den Fortbestand der Mission zu gewährleisten. Schnell wird klar, dass die meisten Teammitglieder dazu auch bereit sind.
Facetten der Raumfahrt auf Papier
So beleuchtet Enceladus viele Facetten der Raumfahrt: Faszinierend empfand ich vor allem die detaillierte Beschreibung der EVAs, der Außenbordeinsätze, auf technischer, emotionaler und psychologischer Ebene. Die Stimmung der Crew über den langen Zeitraum – auf wenigen Quadratmetern durch die Unendlichkeit, das Dröhnen der Maschinen, die Anspannung vor jeder Nachricht von der Erde; die KI als verlässlicher Steuermann und doch voller Unzulänglichkeiten. Und nicht zuletzt das Gefühl, sich als erster Mensch auf unbekanntes Terrain zu begeben – mit allen positiven und negativen Konsequenzen.
Dem Roman ist ein wissenschaftlicher Teil »Die neue Biografie des Enceladus« angehängt. Hier berichtet Brandon Q. Morris von den neusten Erkenntnissen über den Saturnmond und seine Erforschung. Das Buch bereichert dies ungemein. Sieht man doch dort erst, wie nah sich der Roman an der Realität bewegt und wie viel Detailwissen in die Fiktion einfloss.
Fazit: Feuer und Flamme für Enceladus
Insofern ist Enceladus ein SciFi-Roman, wie ich ihn mir wünsche: Nah an der Realität geschrieben, mit starken Figuren und einer twistreichen Story, bei der man vieles lernen kann, ohne sich belehrt zu fühlen. Lediglich der Anfang hat mich etwas verwirrt: Ich dachte schon, es ginge in Richtung Die Terranauten. Dennoch: Erstkontakt-Romane laufen schnell Gefahr, es zu übertreiben. Darum sind sie erfahrungsgemäß bei mir entweder Top oder Flop. Enceladus ist großartig.
„Der Kosmos erstreckt sich unbegrenzt in alle Richtungen. Die Sterne, auch die Sonne, sind weit entfernt. Saturn ist bereits eine winzige Schreibe und kein Punkt mehr, doch seine Ringe sind längst nicht nicht mit bloßem Auge erkennbar. Falls die Reparatur misslingt, wird er sich hier im Raumanzug auf dem Schiff festhaken und auf seinen Tod warten. Das ist hundertmal besser, als irgendwann im eigenen Bett für immer einzuschlafen. Er ist froh, diese Reise angetreten zu haben.“ – Pos. 2095
Enceladus (auch Saturn II) ist einer der größten Saturnmonde. Nach Masse und Durchmesser steht er an sechster Stelle und nach Abstand vom Zentralplaneten Saturn an vierzehnter Stelle der 62 bekannten Monde. Er ist ein Eismond und zeigt kryovulkanische Aktivitäten, deren sehr hohe Fontänen aus Wassereispartikeln auf der südlichen Hemisphäre eine dünne Atmosphäre erzeugen. Diese Fontänen speisen wahrscheinlich den E-Ring des Saturns. Im Bereich der vulkanischen Aktivität wurden auch Hinweise auf flüssiges Wasser gefunden, sodass Enceladus als einer der möglichen Orte im Sonnensystem mit günstigen Bedingungen für die Entstehung von Leben gilt.“ (Quelle: Wikipedia)
[Übersicht + Prognose] Brandon Q. Morris – Eismond-Serie
1. Enceladus (s.o.) *****
2. Titan [Zur Rezi von Titan] ****
3. Io [Zur Rezi von Io] ****
4. Enceladus: Die Rückkehr (vorbestellbar; erscheint am 15.10.2017)
Kurzgeschichte: Enceladus 0 [Worum geht´s?]
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Außerdem neu: Proxima Rising
Erzählt die Geschichte einer in Io vorgestellten Randfigur und behandelt das Thema „private Raumfahrt“.
Wenn Euch Enceladus gefallen hat, gefällt euch vielleicht auch:
Phillip P. Peterson – Paradox [Zur Rezi] (sehr ähnlich) – oder auch die Transport [Rezi 1]-Reihe:
[Zu meiner Science Fiction Übersicht]
Brandon Q. Morris empfiehlt am Ende seines Romans außerdem:
„Das Erbe der ersten Menschheit“ von Klaus Seibel
„Der Rekrut“ von Cliff Allister
Eismond 1
Hard SciFi mit Erstkontakt-Thematik
Indie
20.01.2017
eBook
444
Im Jahre 2031 finden Forscher in den Signalen einer Roboter-Sonde, die den Saturnmond Enceladus studiert, eindeutige Spuren biologischer Aktivität. Beweise für außerirdisches Leben – eine Weltsensation. Fünfzehn Jahre später macht sich ein eilig dafür gebautes, bemanntes Raumschiff auf die weite Reise zum Ringplaneten. Der internationalen Crew stehen nicht nur schwierige siebenundzwanzig Monate bevor: Falls sie es ohne Zwischenfall bis zum Enceladus schafft, muss sie mit einem Bohrschiff den kilometerdicken Eispanzer des Mondes durchdringen. Denn Leben kann nur am Grunde des ewig dunklen Salz-Ozeans existieren, der sich vor Milliarden Jahren in der Schale des Eismondes gebildet hat, sagen die Astrobiologen. Doch schon kurz nach dem Start macht eine Katastrophe ein glückliches Ende des Abenteuers höchst unwahrscheinlich. Im Anhang: »Die neue Biografie des Enceladus« – was die Forschung über den Saturnmond weiß.
7 Gedanken zu „Enceladus von Brandon Q. Morris“
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